ARTISET Magazin | 1-2 2022
Im Fokus 10 ARTISET 01/02 I 2022 sowie «nachhaltige Städte und Siedlun gen». Eine hohe Baukultur ist also ein essenzielles Element sozialer Nachhal tigkeit. Was ist denn eine hohe Baukultur? Baukultur ist der gestaltete Lebensraum und wie es dazu kommt. Baukultur ist also ein sehr umfassender Begriff, der die Gestaltung des Lebensraums als kultu rellen Akt begreift. Der Mensch hat da nicht nur funktionale Bedürfnisse, son dern auch emotionale. Und da kommen Kriterien wie die Schönheit eines Gebäu des oder die Wirtlichkeit der Umgebung ins Spiel. Sie sagen, dass zur Baukultur ge höre, wie wir unseren Lebensraum prägen und nutzen. Kann dieser Vorgang denn quasi verordnet wer den? Anders gefragt: Ist soziale Nachhaltigkeit überhaupt planbar? Zu 100 Prozent planbar ist soziale Nach haltigkeit sicher nicht. Mit einer guten Planung lässt sich aber ein Rahmen schaf fen, der soziale Nachhaltigkeit fördert und die Menschen ermutigt. Welche Fehler werden immer wie der gemacht, die beim Bauen sozi ale Nachhaltigkeit verhindern? Die Vorbereitung und Begleitung eines Projekts kommen manchmal zu kurz. Partizipation ist ein anspruchsvoller Prozess und bedeutet zunächst einmal eine Investition. Eine Investition in was? Man investiert in die erforderliche Pla nung und berücksichtigt Fragen wie:Wie können Menschen, die von einem Bau vorhaben betroffen sind, mitreden und mitentscheiden? Das kann zwar nicht basisdemokratisch passieren. Aber man kann die Menschen so weit wie möglich mit einbeziehen. Das ist mit einigem Aufwand verbunden. Aber es ist auch eine Investition darin, dass das Ergeb nis nicht nur von allen akzeptiert und getragen wird, sondern möglichst auch besser ist. Nun können Ansprüche, Wünsche und Bedürfnisse an ein Bauvor«Die soziale Nachhaltigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel von räumlichen und sozialen Faktoren.» Claudia Schwalfenberg haben ganz unterschiedlich sein. Wie bringt man diese Wünsche und Bedürfnisse unter einen Hut? Alle Beteiligten müssen sich bewusst sein, dass soziale Nachhaltigkeit nichts Abso lutes ist und für unterschiedliche Interes sengruppenVerschiedenes bedeuten kann. Soziale Nachhaltigkeit ist immer auch auszuhandeln. Welches Gewicht kommt schliess lich den Bewohnerinnen und Be wohnern bei der Planung zu? Wichtig ist vor allem, dass Bewohne rinnen und Bewohner klare Bedürfnisse formulieren: Was sind die wesentlichen Anforderungen an die Nutzung beim jeweiligen Projekt? Welche Art sozialer Nachhaltigkeit ist gewünscht? Bewoh nerinnen und Bewohner sind zugleich aufgefordert, aktiv zur Lebendigkeit ihres Umfelds beizutragen. Wie setzt man diese Forderung durch? Es gibt ja Ansätze, solche Lebendigkeit zu fördern, mit Animatoren oder Quartier arbeiterinnen und -arbeitern. Das ist ein Ansatz, der helfen kann, Dinge an zustossen und zu unterstützen. Aber am nachhaltigsten ist, wenn die Menschen sich selbst fragen: Was kann ich zu einem lebendigen Quartierleben beitragen? Dass man also nicht wartet, bis etwas organi siert wird, sondern dass man selbst etwas macht. So können Menschen autonom über ihr Leben bestimmen. Das gilt auch für Menschen mit Unterstützungsbedarf? Ob mit Unterstützungsbedarf oder nicht: Die Menschen haben nicht alle in glei chem Mass gelernt, sich einzubringen. Und nicht alle haben auch die Zeit, sich mit einem Vorhaben auseinanderzuset zen. Als Architekt und Planerin muss man ermöglichen, dass sich auch die Menschen einbringen können, die das nicht so gewohnt sind. Zuweilen muss man auch Menschen finden, die für diese Menschen sprechen können und deren Bedürfnisse und Forderungen einbrin gen. Der Königsweg wäre allerdings die direkte Beteiligung. Aber da ist immer die Frage: Wie sind da die Voraussetzungen? Wer ist verantwortlich, dass sozia le Nachhaltigkeit in einer Siedlung oder einemQuartier erhalten bleibt? Da sind alle Stakeholder gleichermassen gefragt: Bewohnerinnen und Bewohner, Bauherrschaften und Bauunternehmen, Planerinnen und Planer, Vermieter innen und Vermieter oder städtische Verwaltungen und der Gesetzgeber, der entsprechende Rahmenbedingungen schafft. Welches sind die architektonischen Voraussetzungen, damit soziale Nachhaltigkeit möglich wird? Die soziale Nachhaltigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel von räumlichen und sozialen Faktoren. Ein Ort kann zugäng lich sein im Sinn von barrierefrei und öffentlich. Wichtig ist, dass qualifizierte Planerinnen und Planer ihre Kompetenz angemessen einbringen können. Ist denn sozial nachhaltiges Bauen teuer? Sozial nachhaltiges Bauen sollte lang
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