ARTISET Magazin | 1-2 2022

Im Fokus 30 ARTISET 01/02 I 2022 «Wir müssen kreativ und erfinde­ risch sein, um Abwechslung zu bieten.» Und dem jungen Koch Mickaël Carvela Baltazar, der immer auf der Suche nach neuen Ideen ist, kommt diese Haltung durchaus ge­ legen. Doch wie sieht es punkto Kosten aus? Bio und lokal einkaufen ist teu­ rer. Das treffe durchaus zu, bestätigt die Verantwortliche, aber durch den geringeren Anteil an Fleischprodukten und durch bewussteres Einkaufen stim­ me das Budget trotzdem. Der Beelong-Ansatz habe zudem die Tür für ein kon­ sequenteres Engagement zugunsten der Nachhaltigkeit geöffnet, bei dem auch das Personal mit einbezogen wer­ de: Neben kleinen Aktionen, wie zum Beispiel demVerzicht auf Plastikbecher oder die Verwendung von biologisch abbaubaren Reinigungsmitteln, wur­ den auch Interventionen auf längere Sicht beschlossen: Die Förderung einer sanften Mobilität beispielsweise, oder die jährliche Bewertung der Lieferan­ ten. Auch grössere Entscheidungen wurden getroffen, so etwa die Instal­ lation einer Photovoltaik-Anlage und einer Wärmepumpe. Bis heute haben fast 200 Gemein­ schaftsgastronomiebetriebe die Art ihrer Lebensmittelbeschaffung an­ hand der Beelong-Analyse auf ihre Umweltauswirkungen geprüft, dar­ unter mehrheitlich Gesundheitsein­ richtungen – Alters- und Pflegeheime, Kliniken, Regional- oder Universitäts­ spitäler –, aber auch Schulen, Kitas und Kindergärten, soziale Institutio­ nen und Kantinen, aber auch Restau­ rants und Caterer von Montreux und Freiburg über Brugg und Einsiedeln bis Weiningen und Uznach und von weiteren Orten. Grosse Wirkung Der Einfluss solcher Massnahmen ist erstaunlich: «Betrachtet man das Einkaufsvolumen und die Anzahl ser­ vierter Mahlzeiten, so ist der kleinste unserer Partner aus der Gemeinschafts­ gastronomie zehnmal so gross wie das durchschnittliche Quartierrestaurant», sagt Charlotte de La Baume, eine der Initiantinnen des Eco-Scores und Gründungsmitglied des Unternehmens Beelong. «Ausserdem bedienen diese Einrichtungen ‹gebundene› Verbrau­ cher, und zwar oft mehrmals täglich und sieben Tage die Woche.» Das Vo­ lumen ihrer Einkäufe sei daher enorm: «So kann bereits eine kleine Änderung, die ein Koch in einem Alterspflegeheim oder einer Uni-Cafeteria vornimmt, eine grosse Wirkung haben und dazu beitragen, Praktiken und Verhaltens­ weisen zu ändern.» Um den Einfluss dieser Akteure zu illustrieren, hat das Beelong-Team zum Spass einmal be­ rechnet, wie viele Mahlzeiten in den Einrichtungen serviert worden sind, mit denen das Unternehmen seit sei­ ner Gründung zusammenarbeitet: Es waren 35,5 Millionen Mahlzeiten. Die Sensibilisierung für den öko­ logischen Fussabdruck der Menüs hat direkte Folgen auf die Lieferanten, da engagierte Köche wissen möchten, woher die Lebensmittel stammen, die sie kaufen, was sie enthalten, wie sie produziert und wie sie transportiert werden. «Die Rückverfolgbarkeit lässt vielerorts noch zu wünschen übrig», stellt Charlotte de La Baume fest. «Un­ ser Ziel ist es, dem Käufer Umweltin­ formationen zu bieten, die er bei sei­ nem Kaufentscheid in gleichem Masse berücksichtigen kann wie den Preis, die Qualität oder die Lieferzeit.» Deshalb bietet Beelong ihre Produktbewertung auch Labeln, Händlern und Herstel­ lern an. Bis heute wurden so über 125 000 Produkte bewertet. Neben der Glaubwürdigkeit, die eine solche Transparenz bringt, stehen für die Lie­ feranten auch wirtschaftliche Aspekte auf dem Spiel: «Lieferanten, die die Umweltqualität ihres Sortiments ver­ nachlässigen, könnten Aufträge von Gemeinschaftseinrichtungen verlieren, die ihnen in der Regel konstante, hohe Absätze garantieren.» Wichtiger Punkt: Ausbildung Das Unternehmen Beelong beschränkt sich nicht darauf, Lebensmittel zu prüfen: Es spielt auch eine wichtige Rolle im Bereich der Ausbildung von Gastronomiefachkräften. «Wir wollen ihren kritischen Blick schärfen, ihnen helfen, die richtigen Fragen zu einem Produkt zu stellen.» Dabei machen die Beelong-Experten auch auf die Fallen aufmerksam, die sich hinter den Pro­ duktinformationen verbergen können, so gesehen bei den hübschen Brokko­ liröschen, die in der Schweiz zuberei­ tet werden, aber aus China stammen. Oder beim Schnitzel Cordon bleu, das in der Schweiz hergestellt wird, bei dem man aber nicht weiss, woher das Fleisch kommt. Ab 2022 wird eine Partner­ schaft zwischen Beelong und dem Label Fourchette Verte zudem für eine ideale Kombination zwischen Umweltexper­ tise und gezielter Beratung in Sachen ausgewogene Ernährung sorgen: «Da­ mit Köche nicht zwischen Gesundheit und Umwelt wählen müssen.» Tipps für mögliche Verbesserungen finden Sie auf der nächsten Seite. ➞ www.beelong.ch «Wir bieten Umwelt­ informationen, die jemand in gleichem Mass berücksichtigen kann wie den Preis, die Qualität oder die Lieferzeit.» Charlotte de La Baume, Gründungsmitglied von Beelong

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