ARTISET Magazin | 1-2 2022

46  ARTISET 01/02 I 2022 Aktuell vom Jahr der Einführung eines gesetz- lichen Gewaltverbots in der Erziehung. Der Ausschuss richtet in seinem ak- tuellen Bericht insgesamt 138 Ein- zelempfehlungen an die Schweiz: Wo sieht der Ausschuss die Haupt- probleme? Es gibt etwa Empfehlungen zu Verbesse- rungen in den Bereichen Datenerfassung, der Kinder- und Jugendpolitik, dem Kin- desschutz, dem Strafrecht oder im Bereich der Asylverfahren. Der Bericht ist aber recht technisch und legalistisch gehalten. Es wird nicht klar, welche Bereiche der Ausschuss als besonders vordringlich er- achtet. Man will womöglich den Staa- ten keine Agenda vorgeben, sondern es ihnen überlassen, welche Schwerpunkte sie setzen wollen. Wo sehen Sie persönlich die zent- ralen Handlungsfelder? Aus der Perspektive des Kindesschutzes ist für mich, wie ich bereits gesagt habe, ein gesetzliches Verbot von Körperstrafen in der Erziehung ein ganz zentrales Anlie- gen. Ein weiteres wichtiges Problemfeld, das in der Öffentlichkeit zu wenig thema- tisiert wird, ist die Datenerfassung. Weshalb betont der UN-Ausschuss die Notwendigkeit der Datener­ fassung? Den Praktikerinnen und Praktikern scheint das oft nicht so wichtig. Ihnen geht es vor allem um die Interaktion mit den Betroffenen. Ohne präzise Daten be- finden wir uns aber bis zu einem gewissen Grad im Blindflug. Aus einer übergeord- neten, staatlichen Perspektive ist es zum Beispiel wichtig zu wissen, welche Kinder wo und weshalb fremdplatziert werden. In den letzten Jahren hat die Schweiz in der Datenerfassung immerhin gewisse Fortschritte erzielt. Sprechen Sie damit die nationale Plattform Casadata an? Dieses Projekt ist auch aufgrund der Kritik des UN-Ausschusses entstanden. Der Ausschuss kritisierte, dass die Schweiz nicht weiss, wo und weshalb Kinder und Jugendliche fremdplatziert werden. Die Plattform Casadata erfasst Daten zu den Kinder- und Jugendinstitutionen und zu den dort platzierten Kindern und Jugendlichen. So gibt es etwa auch ge- wisse Informationen zu den Gründen für diese Platzierungen. Hier braucht es aber noch weitere Anstrengungen. National noch nicht systematisch erfasst werden zudem die Daten zu Platzierungen in Pflegefamilien. Weshalb braucht es präzise Daten zu den Gründen für eingeleitete Massnahmen? Neben der Anzahl Fremdplatzierungen in Institutionen kennen wir etwa auch die Anzahl der Beistandschaften. Wir wissen aber nur lückenhaft, auf welche «Studien zeigen signifikante Unterschiede in der Häufigkeit der Anwendung von Körper- strafen in Abhängigkeit vom Jahr der Einführung eines gesetzlichen Gewaltverbots in der Erziehung.» Andreas Jud, Kinderrechtsexperte Andreas Jud: «Es braucht eine gewisse nationale Themenführerschaft, ohne deshalb die föderalen Strukturen anzuzweifeln.» Foto: Privat

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