ARTISET Magazin | 1-2 2022

48 ARTISET 01/02 I 2022 Aktuell Der Tag der Kranken am 6. März steht unter dem Motto «Sein Leben leben». Genau das tut Catherine Reymond Wolfer seit sechs Jahren. Damals zeigten sich die ersten Zeichen von Alzheimer. Sie und ihr Mann haben gelernt, mit der Krankheit zu leben. Von Anne-Marie Nicole Leben mit dem Unabänderlichen Catherine Reymond Wolfer hat einen starken Charakter – und sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie sagt freimü­ tig, was sie denkt und fühlt. Wer Dinge sagt, die ihr nicht gefallen, den weist sie schnell in die Schranken. Heute ärgert sie sich über ihren Mann Erwin, der über seine Ängste und seine Ohnmacht spricht, wenn seine Frau sich verirrt und den Weg nach Hause nicht findet. Wie jüngst, als sie von einem Spazier­ gang nicht zurückkam. Er suchte sie überall und rief schliesslich die Polizei zu Hilfe, um sie zu finden. Sie gesteht zwar ein, dass sie manchmal den Weg nicht mehr findet, erklärt aber im glei­ chen Atemzug, dass sie ihrerseits noch immer seine Schreibfehler korrigiert. Und dass sie die Lieder, die sie seit ihrer Jugend singt, noch immer auswendig kann! Zum Beweis stimmt sie ein klas­ sisches Lied auf Lateinisch und ohne Musikbegleitung an – am Esstisch, im zum Loft umgebauten Dachboden ihres Hauses im kleinen Dorf Char­ donne, inmitten der Weinbergterrassen der Region Lavaux. Die ersten Anzeichen von Alzheimer haben sich bei Catherine Reymond Wolfer bereits früh bemerkbar ge­ macht. Sie war Mitte fünfzig. Ihre Mutter war ebenfalls an Frühdemenz erkrankt. So wusste sie, was die Erkran­ kung für den Alltag bedeutet und dass sie unumkehrbar fortschreitet. Nach ihrer Erstausbildung zur Leh­ rerin arbeitete Catherine Reymond Wolfer während dreissig Jahren als spezialisierte Pflegefachfrau auf einer Psychiatrieabteilung im stationären und ambulanten Bereich. Ihre Alzhei­ mererkrankung machte sich bemerk­ bar, als es wiederholt zu Fehlern und Verspätungen kam. Sie beendete ihre berufliche Tätigkeit im Alter von 58 Jahren im Einvernehmen mit ihrem Vorgesetzten. «Es war wichtig für mich, mein Arbeitsleben gut abzuschliessen», sagt sie. «Es war der richtige Moment für meinen Abgang.» Sie freute sich darauf, mehr Zeit für Wandern, Velo- und Skifahren, Gärtnern, ihre Freun­ dinnen und gemütliche Abendessen in geselliger Runde zu haben. Ein neues Leben Heute ist Catherine Reymond Wol­ fer 61 Jahre alt und noch immer sehr sportlich. Sie marschiert so schnell los, dass ihr Mann oft Mühe hat, ihr zu folgen. Sie liebt das Skifahren und geht gern auf Skitouren. Den Winter kann sie jeweils kaum erwarten. Doch inzwi­ schen wagt sie sich nicht mehr allein auf die Piste. Sie hat Angst davor, sich TAG DER KRANKEN Wie können wir unserem Dasein einen Sinn verleihen, wenn eine Krankheit die Lebensqualität beeinträchtigt? Der Tag der Kranken am 6. März lädt zum Nachdenken ein. Mit dem Motto «Lebe dein Leben» soll der Tag Kranke und Gesunde dazu ermuntern, den Blick auf das Positive zu richten, aufeinan- der zuzugehen und sich etwas Gutes zu tun. Der Tag der Kranken wird einmal pro Jahr vom gleichnamigen Verein orga- nisiert. Zu dessen Mitgliedern gehören die Organisation Alzheimer Schweiz sowie der Branchenverband Curaviva. Die geplanten Aktivitäten und Veran- staltungen werden unter www.tagderkranken.ch vorgestellt.

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