ARTISET Magazin | 1-2 2022

50  ARTISET 01/02 I 2022 Politische Feder Die Attraktivität der Berufe im Gesundheits- und Sozialwe- sen ist für junge Menschen ungebrochen. Trotz der in der Pandemie klar zutage getretenen Belastung in diesen Berufen hat die positive Ausstrahlung der Berufsbilder nicht gelitten. Sorge bereitet jedoch, dass die Ausstiegsquote aus dem Beruf hoch ist. Dies hat insbesondere mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Verbesserungen der Arbeitsbedingungen sind nach ökonomischer Lehre an Produktivitätssteigerungen gebun- den. Kann in gleicher Zeit mehr produziert werden, steigen die Einnahmen und kann die Arbeitszeit reduziert oder das Lohnvolumen erhöht werden. Dieser Grundsatz lässt sich nicht auf alle Arbeitsbereiche anwenden. Die Produktivität einer Shakespeare-Aufführung lässt sich ohne Qualitäts- einbusse kaum steigern, ebenso wenig wie jene der Pflege, Betreuung und Begleitung von Menschen mit Unterstüt- zungsbedarf. Das hat Folgen: Um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Arbeitsbedingun- gen im Gesundheits- und Sozialwesen rascher verbessert werden, als dass die Produktivität steigen kann. Wie der Ökonom William J. Baumol vor über 50 Jahren aufgezeigt hat, führt dies zu einem überproportionalen Wachstum der Dienstleistungskosten im Gesundheits- und Sozialwesen. Und da diese Dienstleistungen zu einem grossenTeil von der öffentlichen Hand finanziert werden, braucht es politische Einsicht in diese Zusammenhänge, damit die Attraktivität der Gesundheits- und Sozialberufe nicht leidet. Das demo- grafisch bedingte Kostenwachstum droht in einen wach- senden Kostendruck auf das Gesundheits- und Sozialwesen umzuschlagen. Wenn Auftrag und Personalressourcen nicht mehr übereinstimmen, muss «schneller» gepflegt, betreut und begleitet werden. Es entsteht die Situation, in denen Fachkräfte sich gezwungen sehen, entweder ihre Expertise oder ihren Beruf an den Nagel zu hängen. Mit der Zustimmung zur Pflegeinitiative haben Volk und Stände anerkannt, dass gute Pflege mehr kosten darf. Die Födera- tion Artiset wird sich dafür einsetzen, dass mehr Mittel gesprochen werden für eine Ausbildungsoffensive und bessere Arbeits- bedingungen. Und dass solche Verbesserun- gen in allen Berufen erreicht werden, die dazu beitragen, Menschen mit Unterstützungsbedarf ein Leben in Würde zu ermöglichen. Fachkräfte müssen und dürfen etwas kosten «Die Föderation Artiset wird sich dafür einsetzen, dass mehr Mittel gesprochen werden für eine Ausbildungsoffensive und bessere Arbeitsbedingungen.» Daniel Höchli, Geschäftsführer Artiset. Foto: esf

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