ARTISET Magazin | 1-2 2022

ARTISET 01/02 I 2022  9 Im Fokus Die Baukultur-Fachfrau Claudia Schwalfenberg* über nachhaltiges Planen und Bauen und über die Verant­ wortung nicht nur der Architekten und Bauherren. Interview: Urs Tremp «Sozial nachhaltiges Bauen ist eine Daueraufgabe» Frau Schwalfenberg, was ist denn genau sozial nachhaltiges Bauen? Das ist ein sehr breiter Begriff, und er kann Verschiedenes bedeuten – etwa die Beteiligung der Bevölkerung am Ent­ scheidungsprozess eines Bauvorhabens, die Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse für die Nutzung, der Ein­ satz für bezahlbaren Wohnraum, die Schaffung öffentlicher Räume, die zur Begegnung einladen, oder die Gestaltung von Orten, die Angebote zur kulturellen Identifikation machen. All dies muss berücksichtigt wer­ den, will man nachhaltig bauen? Das hängt immer auch vomMassstab ab. Bezogen auf den gestalteten Lebensraum als Ganzes, ist heute auch der Klima­ schutz ein wichtiger Teil sozial nach­ haltigen Bauens. Denn mit dem Klima schützen wir auch die Art unseres Zu­ sammenlebens. Wie denn? Das Klima – und mit dem Klima das Wetter – hat Einfluss darauf, ob und wie wir uns draussen treffen und ob öffentli­ che Räume in Zukunft so genutzt werden können, wie sie heute genutzt werden. Die Klimaveränderungen haben also auch im Kleinen Auswirkungen auf un­ ser soziales Leben. Vulnerable Menschen sind von den Veränderungen besonders betroffen. Wir sehen ja schon heute, dass in ausserordentlich heissen Sommern die Sterblichkeit steigt. Die Klimaerwär­ mung kann also für viele alte Menschen lebensbedrohlich sein. Ganz allgemein sinken mit heissen Temperaturen das Wohlbefinden und die Leistungsfähig­ keit. Und wenn wir die Klimaerwär­ mung global denken, dann müssen wir an die Klimaflüchtlinge denken, an die Menschen, die sich aus anderen Regionen der Welt auf den Weg machen – auf den Weg machen müssen –, um den Folgen des Klimawandels zu entkommen, weil ihnen ein Überleben in der angestamm­ ten Heimat nicht mehr möglich ist. Wenn all dies bei Bauvorhaben be­ rücksichtigt wird, ist soziale Nach­ haltigkeit erfüllt? Ein wichtiger Bezugsrahmen für soziale Nachhaltigkeit ist die Agenda 2030 der Uno mit ihren 17 globalen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Zu die­ sen Zielen zählen – ich zitiere – «eine widerstandsfähige Infrastruktur» ➞

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