ARTISET 01/02 I 2023 19 Im Fokus Eingebettet in eine schöne Gartenanlage, mit Blick auf die umliegenden Bündner Berge, liegen das Schulheim und die Verwaltung der Stiftung «Gott hilft» in Zizers. In den verschiedenen Institutionen der Stiftung finden seit 100 Jahren Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen oder mit besonderen Bedürfnissen ein neues Zuhause. In Graubünden, unter dem Bündner Spital- und Heimverband, entstand vor einem Dutzend Jahren auch ein Instrument namens «Bündner Standard», welches mittlerweile schon unzähligen Institutionen Richtlinien für einen professionellen Umgang mit Grenzverletzungen im Kinder- und Jugendbereich gibt. Dieses hat sich in der Praxis sogar derart gut bewährt, dass es künftig nicht nur für sozialpädagogische Einrichtungen, sondern auch für Regelschulen, Sportvereine, Alterspflege- und andere Institutionen angewandt werden soll. Dafür geht der Standard, der bisher als gedrucktes Handbuch in Form eines grossen Ordners bestellt werden konnte, neue Wege: Das Angebot wird künftig digital verfügbar gemacht. Die Website ist bereits als «Lightversion» online und wird laufend ergänzt. Der Bündner Standard, 2011 in Institutionen des Kinder- und Jugendbereichs entstanden, unterstützt diese darin, Grenzverletzungen zu vermeiden und Geschehenes aufzuarbeiten. Jetzt entwickelt er sich: Ab Frühjahr ist der Standard online verfügbar und kann neu auch für Institutionen im Bereich Alter oder Behinderung, aber auch für Sportvereine und Regelschulen genutzt werden. Von Claudia Weiss Damit die Lancierung im Frühjahr stattfinden kann, arbeiten die Mitglieder des Kernteams zurzeit intensiv daran: Sie bereiten die Unterlagen für die Digitalisierung auf und adaptieren sie, damit der erweiterte Bündner Standard neu in verschiedenen Bereichen genutzt werden kann. Digital heisst auch flexibel Diese Modernisierung sei nötig, erklärt Bässler: Der Ordner sei zwar praktisch handhabbar gewesen, aber eben auch statisch. «Die Digitalisierung erlaubt uns jetzt, die Inhalte laufend weiterzuentwickeln und beispielsweise auch eine Plattform zum Erfahrungsaustausch anzubieten.» Und, wie sich gezeigt hat, ist auch eine konstante Begleitung sehr gefragt: «Diese hilft uns, die Qualität zu erhalten, indem wir Einführungs- und Weiterbildungsangebote zum Standard aufschalten können», erklärt Bässler. Die grösste Stärke des Standards bleibe aber auch in Zukunft, dass er dank seiner Rundumsicht für alle beteiligten Personen präventiv wirke, ergänzt Beat Zindel, Mitglied des Kernteams. «Ausserdem funktioniert er ganz einfach, nach dem Prinzip aus der Praxis für die Praxis.» Neuerdings aber soll er flexibel auf die Bedürfnisse und Gegebenheiten der jeweiligen Zielgruppen angepasst werden können. Im Lauf der Jahre ist zudem unübersichtlich geworden, wie viele Institutionen den Standard überhaupt anwenden – und in welcher Form. Martin Bässler, der wie alle Mitglieder des Kernteams bereits die Grundlagen des ursprünglichen Bündner Standards erarbeitet hat, findet allerdings wichtig, dass alle den Standard auch so anwenden, wie er gedacht ist: «Er soll ein Mittel zur Prävention und Bearbeitung sein und nicht als Bestrafung oder als Druckmittel eingesetzt werden.» Insgesamt sei die Schwelle für Grenzverletzungen heute niedriger als vor Jahren, der Druck grösser, die Frustrationstoleranz geringer. Das, findet Bässler, sind gute Gründe dafür, ein Instrument zu verfeinern, das hilft, die Grundhaltung einer Institution zu prägen und sie imHandhaben schwieriger Situationen zu unterstützen. Bis alles online ist, werden Martin Bässler und Beat Zindel mit den anderen Mitgliedern des Kernteams noch unzählige Stunden Denkarbeit in ihr Projekt stecken. Grundlage des
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