Gewalt verhindern Magazin ARTISET 1-2 2023

32 ARTISET 01/02 I 2023 Inwiefern hat die Pandemie diese Situation akzentuiert? Vor der Pandemie konnte man die fehlenden fachlichen Ressourcen gerade noch knapp kompensieren. Während der Zeit der Pandemie aber sind viele, gerade auch kleinere Heime oft in schwierige Situationen geraten. Wir als Gesundheitszentren der Stadt Zürich haben profitiert von unserer Grösse. Wir hatten genügend Fachpersonal, genügend Ärztinnen und Ärzte, die sich um die Bewohnenden kümmern konnten bzw. die intern verschoben werden konnten, und auch ein Hygieneteam. Auch wir hatten natürlich Ausfälle bei den Mitarbeitenden, was eine hohe Arbeitsbelastung zur Folge hatte. Welche Schwierigkeiten gerade der kleineren Heimen sprechen Sie besonders an? Etliche Hausärztinnen und Hausärzte kamen zum Beispiel in der ersten Welle nicht mehr ins Heim, wenn ihr Patient oder ihre Patientin Covid-positiv war. Die Bewohnenden wurden dann sehr schnell hospitalisiert. Innerhalb der Zürcher Gesundheitszentren haben wir mit den Bewohnenden im Vorfeld über ihre Behandlungsziele gesprochen und nicht erst in einer akuten Situation. Die gesundheitliche Vorausplanung ist in den Heimen sehr wichtig, das wurde in der Pandemie überdeutlich. Hätten auch die Kontaktverbote verhindert oder zumindest gelockert werden können? Die Fachlichkeit spielt auch hier eine wichtige Rolle. Mit entsprechenden Hygienemassnahmen konnte der persönliche Kontakt oft aufrechterhalten werden. Und hier fehlt in der Langzeitpflege bis jetzt oft noch das nötige Wissen zu spezifischen Hygienefragen. Sie kommen immer wieder auf die fehlenden Ressourcen zu sprechen. Der Expertenbericht nimmt diesbezüglich besonders die Behörden und die Politik in die Pflicht: Was ist zu tun? Wir haben zunächst ein strukturelles Problem: In grossenTeilen der Schweiz gehören die Pflegeheime zu den Aufgaben der Gemeinden, das ist auch im Kanton Zürich so. Vor allem in kleineren Gemeinden fehlen aber oft schlicht die nötigen Kapazitäten, umdie Heime zu unterstützen. Der Kanton Zürich hat im Verlauf der Pandemie eine gewisse Verantwortung übernommen, etwa bei der Bereitstellung von Schutzmaterial oder bei der Suche nach freien Betten in den Spitälern. . Der Expertenbericht fordert ein stärkeres Engagement der Kantone und auch des Bundes? Das Problem besteht darin, dass sich der Bund ganz aus der Verantwortung stiehlt und auch viele Kantone hier viel zu wenig unternehmen. Es braucht Regelungen auf Bundes- und Kantonsebene. Der Bund muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen definieren und die Kantone müssen die Verantwortung für die Leistungsverträge mit den Heimen übernehmen. Bis jetzt kontrollieren die Kantone vor allem die baulichen Rahmenbedingungen sowie personelle Minimalanforderungen. Neu gibt es auch gewisse Anforderungen an Gabriela Bieri, Ärztliche Direktorin der Stadtzürcher Gesundheitszentren für das Alter: «Investitionen in einen ärztlichen Konsiliar- oder Liaisondienst bedeuten eine Entlastung der Pflege.» Foto: Gesundheitszentren

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