Gewalt verhindern Magazin ARTISET 1-2 2023

44 ARTISET 01/02 I 2023 Aktuell Kantonale Leistungspauschalen für stationäre Institutionen für Menschen mit Behinderung sollen das betriebswirtschaftliche Denken und Handeln fördern. Eine aktuelle Studie macht deutlich, dass bei den Leistungspauschalen betriebswirtschaftliche Anreize gegenüber fachlichen überwiegen. Weitere Studien müssen zeigen, wie sich dies auf die Leistungsqualität der Institutionen auswirkt. Von Ramon Beerli* Fehlanreizen bei der Finanzierung begegnen In der öffentlichen Finanzierung des Sozial- und Gesundheitswesens in der Schweiz dominieren leistungsorientierte Systeme. Befürwortende versprechen sich davon eine verbesserte Qualität, Effizienz und Vielfalt in der Leistungserbringung. Kritische Stimmen befürchten, dass Profitstreben zunehmend über das Gemeinwohl triumphiere. Über die tatsächlichen Auswirkungen von leistungsorientierten Finanzierungssystemen ist bislang wenig bekannt. Eine aktuelle Studie ging deshalb der Frage nach, welche Anreize kantonale Leistungspauschalen für stationäre Institutionen für Menschen mit Behinderung setzen. Die Schweiz will mit ihrer Behindertenpolitik die Nicht-Diskriminierung, Gleichstellung, Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung fördern. Dies stellt eine dauerhafte Querschnittsaufgabe von Bund, Kantonen, Gemeinden und Privaten dar. Rund 750 stationäre Institutionen für über 30000 Menschen mit Behinderung stellen mit einem geschätzten Jahresumsatz von 3.5 Mrd. Franken einen relevanten nationalen Wirtschaftszweig dar. Seit der «Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen NFA» von 2008 sind primär die Kantone für die Planung, Steuerung und Finanzierung des stationären Behindertenwesens zuständig. Diese haben ihre Finanzierungssysteme mehrheitlich von Defizitdeckung auf Leistungspauschalen umgestellt. Damit werden nicht mehr die anrechenbaren Verluste der Institutionen entschädigt, sondern deren Betreuungs-, Infrastruktur-, und Verwaltungsleistungen in Form von abgestuften Pauschalen. Qualität, Effizienz und Vielfalt dank Marktentwicklung Mit den leistungsorientierten Finanzierungssystemen wird eine Marktentwicklung angestrebt. Die theoretische Basis hierfür liefert New Public Management, das seit den 1990er-Jahren die Schweizer Verwaltungen im Gewährleistungsstaat als Reformmodell prägt. Durch stärkeren Wettbewerb sollen sich Leistungsqualität, Preis-LeistungsVerhältnis sowie die Selbstbestimmungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung verbessern. Die Institutionen sind gefordert, betriebswirtschaftlicher zu agieren. Diese Ökonomisierung des Sozialwesens stösst auch auf Kritik. Die Befürchtungen sind, dass die Qualität der Kostensenkung DIE MASTERARBEIT Im Rahmen seines Masterstudiums in Public und Nonprofit Management an der ZHAW School of Management and Law beschäftigte sich Ramon Beerli mit leistungsorientierten Finanzierungssystemen im Sozial und Gesundheitswesen. In seiner Masterarbeit ging er der Frage nach, welche Anreize kantonale Leistungspauschalen für stationäre Institutionen für Menschen mit Behinderung setzen. Der vorliegende Text stellt eine Zusammenfassung der Masterthesis dar. Die gesamte Arbeit inklusive vollständiger Quellenangaben ist online einsehbar:

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