Herausforderndes Verhalten – wie reagieren | Magazin ARTISET | 10-11 2024

ARTISET 10/11 I 2024 3 Editorial «Mit herausfordernden Verhaltensweisen verleihen Menschen oft ihrem Nicht-Verstanden-Werden Ausdruck.» Elisabeth Seifert, Chefredaktorin Liebe Leserin, lieber Leser Wir alle möchten verstanden werden. Und wenn wir uns für einmal nicht verstanden fühlen, insbesondere von Menschen, die uns tagtäglich umgeben, unseren Angehörigen, Freunden, auch von unseren Kollegen am Arbeitsplatz, dann fühlen wir uns unwohl, unzufrieden, wir ziehen uns in der Folge vielleicht sogar zurück oder begehren auf. Wenn es schon uns so geht, wie dann erst jenen, die sich aufgrund schwerer kognitiver Beeinträchtigungen oder auch traumatischer Erlebnisse nicht verstanden fühlen und sich kaum verständlich machen können. Es stellt sich dann schnell eine Traurigkeit, Verzweiflung oder auch Leere ein. Wenn diese Menschen um sich schlagen, schreien oder sich sonst irgendwie auffällig benehmen, wollen sie niemandem bewusst etwas zu Leide tun. Mit herausfordernden Verhaltensweisen verleihen sie oft vielmehr ihrem Nicht-Verstanden-Werden Ausdruck und machen auf unbefriedigte Bedürfnisse aufmerksam. Eine breite Erfahrung im Umgang mit diesen Personen haben Institutionen und Fachpersonen, die Menschen mit schweren Behinderungen begleiten. Mit Rahel Huber, Bildungsbeauftragte Sozialpädagogik von Artiset Bildung, und Angelika Voigt, Heimleiterin des Wohnheims Sonnegarte in St. Urban LU, konnten wir zwei ausgewiesene Expertinnen für einen Beitrag gewinnen (Seite 17). Sie zeigen auf, wie es gelingt, tragfähige Beziehungen mit diesen Menschen aufzubauen und sie so immer besser verstehen zu lernen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, um sich wohlzufühlen, ist die Vermittlung von Sicherheit und Orientierung. Beide Aspekte, ein stabiles Umfeld sowie der Aufbau von Beziehungen, sind auch in der Begleitung und Betreuung von schwer traumatisierten jungen Menschen von zentraler Bedeutung, wie unser Bericht über das Schlupfhuus in Zürich deutlich macht (Seite 14). Dieses sozialpädagogische Know-how kann gerade auch in Pflegeinstitutionen, die Menschen mit Demenz begleiten, eine grosse Hilfe sein: Verschiedene Heime haben sich bereits auf den Weg gemacht, so etwa die Alters- und Pflegeheime Glarus Nord (Seite 6). Die beiden Pflegewissenschaftlerinnen Franziska Zúñiga und Brigitte Benkert unterstreichen, dass sich hinter heraufordernden Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz oft unbefriedigte emotionale, psychische oder soziale Bedürfnisse verbergen. In der Pflege und Betreuung gelte es, diese noch besser zu erkennen und dann entsprechend darauf zu reagieren. Titelbild: Hinter herausfordernden Verhaltensweisen verbergen sich oft unbefriedigte emotionale oder soziale Bedürfnisse. Foto: Symbolbild/Marco Zanoni THEMENHEFT IM DEZEMBER Anstatt der regulären Ausgabe des Magazins Artiset werden Sie im Dezember eine Sonderausgabe zum Thema «Koordinierte Betreuung im Alter» in Ihren Händen halten. Die monothematische Ausgabe entsteht derzeit in Zusammenarbeit von neun Organisationen und Verbänden, die sich alle für ein würdevolles Altern einsetzen: Artiset mit Curaviva, Paul Schiller Stiftung, Pro Senectute, Alzheimer Schweiz, Gerontologie.ch, Entlastungsdienst, Schweizerisches Rotes Kreuz, Senesuisse, Spitex Schweiz. Die Idee zu einer organisationsübergreifenden Publikation ist vor dem Hintergrund entstanden, dass es für gut funktionierende und adäquate Angebote für Menschen mit Unterstützungsbedarf vielfach die Kooperation und das Engagement verschiedener Akteure benötigt. Das Thema «Betreuung im Alter» haben wir aufgrund der hohen politischen und fachlichen Aktualität gewählt.

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