ARTISET 10/11 2024 31 einen positiven Effekt im medizinischen Bereich und einen negativen Effekt im Bereich Pflege. Der positive Effekt im medizinischen Bereich ist aber grösser als der negative Effekt in der Pflege. Der Gesamteffekt ist somit positiv. Pfister: Kommt hinzu, dass die Pflege nicht der Haupttreiber für die Steigerung der Kosten ist: Der Anteil der Kosten der Spitex in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung OKP macht heute zum Beispiel nur 3 Prozent des ganzen Kuchens aus. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Ambulantisierung werden diese Kosten zwar steigen, aber im Vergleich zu den Gesamtkosten weiterhin kein Kostentreiber sein. Zudem ist die einheitliche Finanzierung einfach ein Kostenteiler und sagt nichts über die Höhe der Kosten aus. Heute können wir aufgrund der fixierten OKP-Beiträge einzig mit den Kantonen in sehr begrenztem Ausmass die Restfinanzierung verhandeln. Neu wird es Tarifverhandlungen geben, für welche die Leistungserbringer mit den Versicherern und den Kantonen an einem Tisch sitzen. Der VPOD empfiehlt auch deshalb ein Nein zur einheitlichen Finanzierung, weil er eine Zweiklassenmedizin befürchtet: Das Geld werde auch bei der Spitex und in den Heimen immer knapper, sodass nur noch gut versorgt wird, wer selbst genügend finanzielle Mittel hat. Was sagen Sie dazu? Pfister: Diese Aussage macht keinen Sinn, denn die einheitliche Finanzierung tangiert die Versorgungspflicht der Leistungserbringer keinesfalls. Höchli: Ich verstehe dieses Argument ebenfalls nicht. Die einheitliche Finanzierung führt nicht zu einer Veränderung der Regeln. Zweiklassenmedizin bedeutet, man hat auf weniger Leistungen Anspruch und muss zusätzliche Leistungen aus der eigenen Tasche zahlen. Die einheitliche Finanzierung tangiert den Leistungsanspruch in keiner Weise. Aktuell Aufgrund des finanziellen Drucks komme es zudem zu Einsparungen auf dem Buckel des Personals, behauptet der VPOD – und was sagen Sie? Pfister: Dass die Leistungserbringer und damit auch die Pflege an den Tarifverhandlungen zur einheitlichen Finanzierung mitwirken, bedeutet eine Stärkung der gesamten Pflege. Die Finanzierer sind damit gefordert, gerade auch für eine angemessene, kostendeckende Finanzierung der komplexer werdenden Pflege zu sorgen. Die Förderung der koordinierten Versorgung stärkt die Pflege ebenfalls. Denn durch die Vermeidung von Doppelspurigkeiten werden dringend benötigte Ressourcen in der Pflege frei, die letztlich den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Artiset und Spitex Schweiz ziehen oft an einem Strick und ganz besonders rund um die einheitliche Finanzierung. Wieso ist das gemeinsame Engagement bei dieser Vorlage besonders wichtig? Pfister: Die Finanzierung ist eine der grössten Herausforderungen des Gesundheitswesens. Die einheitliche Finanzierung wurde beinahe 15 Jahre diskutiert – und ist heute eine Vorlage, für die nahezu alle Akteure bereit sind, an einem Strick zu ziehen: Leistungserbringer, Kantone und Krankenversicherer. Wir müssen im Gesundheitswesen dringend etwas bewegen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir endlich mit der Umsetzung dieser äusserst breit abgestützten Reform beginnen können. Höchli: Diese breite Allianz ist Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem Status quo, mit dem die Fehlanreize bestehen bleiben und der Kostendruck umso stärker wachsen wird, und sie ist ein starkes Zeichen für die einheitliche Finanzierung. Diese wird nicht alle Probleme lösen. Aber sie bringt Ordnung ins System, und nur so können wir weitere Reformen anpacken. *Dieses Interview ist in Kooperation zwischen Spitex Schweiz und Artiset entstanden. «Der Gesamteffekt der einheitlichen Finanzierung auf die Prämien ist positiv.» Daniel Höchli, Geschäftsführer Artiset ➞ einheitliche-finanzierung.ch
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