Ethische Fragen stellen | Magazin ARTISET | 10 / 2022

ARTISET 10/11 I 2022  11 redline-software.ch Das sind wir: Divers, unterschiedlich, interessiert, innovativ, vielfältig, motiviert, offen und kreativ. Uns gibt es in SG, AR, TG, ZH mit 13 Wohngemeinschaften und 1 Werkstatt mit 4 Abteilungen. chupferhammer.ch Individualität ist uns wichtig! BROSCHÜRE «EPOS – Ethische Prozesse in Organisationen im Sozialbereich» bestellen: klarer und strukturierter arbeiten konnte. Das hat inzwischen alle vom Wert über­ zeugt. Ethik ist kein Luxus: Schwierige Entscheide brauchen ethische Reflexion, eine klare Begründung und eine gemein­ sam getragene Entscheidung! Heisst das, Ethikkonzepte erleich- tern Pflegenden und Betreuenden die Arbeit? Ja und nein. Ein Ethikkonzept verhilft zu höherer Professionalität, verbessert die gemeinsame Entscheidfindung und wirkt sich auf dieTeamzufriedenheit aus. Kann man im Team schwierige Spannungsfel­ der gemeinsam ansprechen, kommt das der Teamkultur sehr zugute, und die ge­ meinsamen Entscheide verleihen Sicher­ heit. Aber oft sind die Fragen besonders in der Akutmedizin derart komplex, dass man zwar Antworten findet und zu Ent­ scheiden kommt. Manchmal bleiben je­ doch trotz allemTrauer und Hilflosigkeit. Hilft es denn, wenn die betreuten Menschen eine persönliche Advance-Care-Planung machen? Es hilft auf jeden Fall, alle Fragen rund um Behandlungsmöglichkeiten, Lebens­ qualität und Sterben mit einer Vertrau­ ensperson zu besprechen, so lange man noch urteilsfähig ist. Bei Menschen mit Behinderung gilt es, diese Urteilsfähigkeit überhaupt festzustellen: Wie viel kann jemand selber einschätzen, wie viel muss man mit den Angehörigen besprechen? Wichtig ist zu wissen: In einer Patienten­ verfügung genügt es nicht, einfach «keine Reanimation» anzukreuzen. Viel wichti­ ger ist: «Was möchte ich noch erleben?» Oder umgekehrt: «Was möchte ich auf keinen Fall?» Oft steht nur «Ja» oder «Nein», dabei steht etwas anderes imVor­ dergrund. Umso wichtiger ist ein Ge­ spräch, in dem man nachfragt, dokumen­ tiert und gemeinsam mit einer Vertrauensperson festhält: «Was zählt im Leben?» Wer entscheidet am Ende, was ethisch korrekt ist? Das eine ist der gesetzliche Rahmen. Da steht über allem das Diskriminierungs­ verbot und dass dieWürde der Menschen unantastbar ist. Zum anderen kommt Ethik dort zum Zug, wo es um Ermessen geht, um die Gewichtung von Prinzipien. Bei Fragen nach dem Entscheidungsrecht der Eltern etwa zählt auch das Interesse des Kindes. Oft besteht eine Grauzone: Beim Schwangerschaftsabbruch stellt sich beispielsweise die Frage nach dem Recht der Frau, aber auch nach dem Recht des Kindes, das juristisch allerdings erst als Kind gilt, wenn es auf der Welt ist. Können wir ohne Ethik existieren? Ja. Aber die Frage ist, was dann passiert. Der Mensch ist ein moralisches Wesen, denkt gern und ist neugierig. Es wäre sehr schwierig, würde nur noch eine Elite da­ rüber nachdenken, was der Sinn des Anzeige ➞ www.ethikbildung.ch Lebens ist und was wir wollen. Es ist so­ gar gefährlich, wenn eine Gesellschaft in die Moral kippt und nur noch ein paar wenige Ethik machen. Vielmehr sollte das Ziel sein, dass sich alle mit dem Ringen nach dem guten Leben und dem guten Sterben befassen. Gerade in unserer Zeit brauchen wir unbedingt eine breit disku­ tierte Ethik!  * Daniela Ritzenthaler, Dr. phil., ist Heilpädago- gin, Erwachsenenbildnerin und klinische Ethi- kerin. Sie bietet Bildung und Beratung in ethi- scher Entscheidungsfindung, unter anderem bei Artiset Bildung. Sie unterstützt beim Auf- bau und Etablieren von Ethikstrukturen in Organisationen des Gesundheitswesens und im Sozialbereich.

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