Ethische Fragen stellen | Magazin ARTISET | 10 / 2022
ARTISET 10/11 I 2022 23 Arbeitsagogik: Spagat wird immer grösser Im Fokus Arbeitsagoginnen und Arbeitsagogen unterstützen Menschen mit einem er- schwerten Zugang zur Arbeitswelt. Und zwar, indem sie mit entsprechen- den Arbeitsarrangements dazu beitra- gen, dass die Menschen trotz ihren Beeinträchtigungen eine wertschöpfen- de oder nutzstiftende Tätigkeit aus- üben können. Sie begleiten und för- dern die Menschen, damit sie ihre Kompetenzen erweitern und möglichst selbstbestimmt leben können, und bie- ten Unterstützung bei der Integration in die Arbeitswelt. Arbeitsagoginnen und Arbeitsago- gen sowie die sozialen Unternehmen, in denen diese oft tätig sind, bewegen sich damit in einem permanenten Spannungsfeld. Auf den Punkt ge- bracht hat dies vor rund 15 Jahren der Arbeitsagoge, Coach und Supervisor Dario Togni-Wetzel, wenn er davon spricht, dass die Arbeitsagogik gleich- zeitig einen Sozialauftrag und einen Produktionsauftrag zu erfüllen hat. Die individuelle Betreuung und Begleitung der Menschen sowie die Gewährleis- tung produktiver Arbeitsprozesse be- deuten eine ständige Herausforderung. Ansprüche an die Produktion werden höher Hört man sich in der Branche um, wird deutlich, dass es längst zu einer – wenn auch anspruchsvollen – Selbstverständ- lichkeit geworden ist, mit diesem Span- nungsfeld zu leben. Auch entspricht es der gewünschten Normalisierung, wenn von Auftraggebern in der Wirt- schaft hohe Ansprüche an die von den sozialen Unternehmen erbrachten Dienstleistungen und Produkte gestellt werden. Die Mitarbeitenden sind so Teil wirtschaftlicher Arbeitsprozesse – und damit Teil des Arbeitsmarkts. Der damit oft einhergehende Ter- mindruck bedeute freilich eine stete Herausforderung, sagt Jenny Hofmann, Leiterin des Fachbereichs Agogik der Stiftung Züriwerk. Sowohl für die Mit- arbeitenden als auch die arbeitsagogi- schen Begleitpersonen. «Die Mitarbei- tenden müssen sich bei allemDruck in ihrer Arbeit als kompetent und selbst- wirksam erleben können», unterstreicht sie. Am einfachsten sei es für den Arbeitsagogen oder die Arbeitsagogin immer dann, weiss Kurt Orlandi, Ge- schäftsführer des sozialen Unterneh- mens «Drahtzug» in Zürich, wenn die Aufträge aus der Wirtschaft Freude bereiten und gleichzeitig ein Lerneffekt möglich ist. Anspruchsvoll werde es für die arbeitsagogischen Begleitpersonen, wenn durch einen hohen Zeitdruck die Verunsicherung und damit die über- mässige Belastung der Mitarbeitenden mit oft schweren psychischen Beein- trächtigungen steigen. Die über die letzten Jahre respektive Jahrzehnte gestiegenen Anforderungen vonseiten der Wirtschaft haben, so Hohe Anforderungen der Wirtschaft sowie der finanzielle Druck durch die öffentliche Hand machen es Arbeitsagoginnen und Arbeitsagogen immer schwerer, Mitarbeitende mit Behinderung adäquat zu begleiten. Soziale Unternehmen sind gefordert, neue Wege zu suchen. Von Elisabeth Seifert
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