Ethische Fragen stellen | Magazin ARTISET | 10 / 2022

ARTISET 10/11 I 2022  41 Aktuell Zehn-Uhr-Pause im Kindergarten Holziken AG: Eifrig ren- nen die Kinder über den abwechslungsreichen Naturplatz, der speziell für sie vom Pausenplatz der Schule abgetrennt ist. Sie schaufeln Kies auf einen Haufen, pumpen Wasser in eine Rinne, sausen die Rutschbahn hinunter oder klettern über die Grashügel – der Platz ist ein wahres Spielparadies. Und er gehört zu einem besonderen Angebot: Der Kinder- garten Holziken, in einem modernen, hellen Betonbau mit- ten imDorf untergebracht, ist kooperativ. Das heisst, 16 der Kinder besuchen den Regelkindergarten der Gemeinde, 11 den Heilpädagogischen Kindergarten der Stiftung Schür- matt (siehe Kasten), aber alle gemeinsam im gleichen Ge- bäude – und teils im gleichen Raum, wie Gisela Roth, Lei- terin Kindergarten und Eingangsstufe der Schürmatt, später zeigen wird. Kooperativ, erklärt sie, bedeute bei diesem Projekt: «So viel kooperieren wie möglich, so wenig trennen wie nötig.» Das unterscheide einen kooperativen von einem integrativen Kindergarten: «Hier können wir Kinder mit einer Beein- trächtigung je nach Situation in der ganzen Gruppe unter- richten oder in separaten Kleingruppen.» Dank diesen Mög- lichkeiten gelinge es oft, beispielsweise ein Kind mit Autismus-Spektrum oder einer anderen Beeinträchtigung bei einer drohenden Reizüberflutung rechtzeitig herauszu- holen. Es darf sich dann beispielsweise in den Sitzsack in einer hellen Ecke der Garderobe plumpsen lassen, die beru- higend schwere Gewichtsdecke auf die Knie ziehen und ganz still ein Buch lesen. So wie der dunkelhaarige Junge, der es sich soeben gemütlich gemacht hat und sich zusehends wie- der entspannt. In einem reizarmen Setting, erklärt Gisela Roth, können sich Kinder oft beruhigen, bevor sie vor lau- ter Sinneseindrücken Schreianfälle bekommen, die ihnen ja letztlich peinlich seien. «So können wir die Kinder vor be- schämenden Situationen bewahren und ihnen helfen, die Person zu sein, die sie gerne sein möchten.» An diesem sonnigen Septembertag haben die Kinder den Morgen wie üblich in ihren jeweiligen Gruppen verbracht: Die Regelkindergartenkinder bei Kindergärtnerin Sandra Troxler, jene des heilpädagogischen Kindergartens bei Heil- pädagogin Nicole Rieger. Diese bereitet in ihrer etwas klei- neren Gruppe immer wieder einzelne Kinder sorgfältig da- rauf vor, dass sie in die andere Gruppe hinübergehen können. «Dafür üben wir einfache Begrüssungsrituale in kleinen Gruppen oder machen einfache Spiele, damit in der Ein Kindergarten für alle Im Kooperativen Kindergarten Holziken AG besuchen 11 Kinder den Heilpädagogischen Kindergarten, 16 den Regelkindergarten. So können alle ihre Fähigkeiten entfalten: Kooperativ bedeutet, dass sie sehr oft alle gemeinsam spielen können, aber manchmal auch in ihrer jeweiligen kleineren Gruppe gefördert werden. Von Claudia Weiss

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