ARTISET 10/11 I 2023 19 UN-BRK das Projekt «Gemeinsam» entwickelt. Das Projekt wird finanziell vom eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (EBGB) unterstützt. Im Rahmen des Projekts wurden diese «10 Schritte für psychische Gesundheit» speziell für die Lebensrealität von Menschen mit Komplexer Behinderung adaptiert. Der Begriff «Komplexe Behinderung» betont die Vielschichtigkeit der Lebenslage dieser Fokusgruppe, die sich in starken Beeinträchtigungen wie körperliche, soziale, kognitive, mentale und kommunikative Fähigkeiten manifestiert. Aufgrund dieser Komplexität und der vielfachen Abhängigkeitsverhältnisse ist es besonders wichtig, dass Menschen mit Komplexer Behinderung an sämtlichen gesellschaftlichen Lebensbereichen teilhaben können. Um dies zu ermöglichen, braucht es umfassende Unterstützungsleistungen. Die Adaption der «10 Schritte für psychische Gesundheit» ist eine Hilfestellung, auch für den Unterstützerkreis der betroffenen Personen: Da Menschen mit Komplexer Behinderung auf intensive Unterstützungsleistungen angewiesen sind, richtet sich das Projekt «Gemeinsam» ebenfalls an An- und Zugehörige, unterstützungsleistende Personen mit professionellem Auftrag wie Fachpersonen Gesundheit und Soziales, Organisationen sowie Personen aus dem Sozialraum. Projekt «Gemeinsam» hilft Lebensqualität verbessern Das Ziel des Projekts «Gemeinsam» lautet, die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Menschen mit Komplexer Behinderung zu verbessern. Dafür wurden in einem inklusiv gestalteten Prozess zu jedem der 10 Schritte spezifische Reflexionsfragen erarbeitet – für Menschen mit Komplexer Behinderung, für die Organisationen und für die Menschen im Netzwerk und im Sozialraum. Diese Adaptation wurde mehrperspektivisch erarbeitet, mit Reflexionsfragen und einem interdisziplinären Austausch von Fachkräften und An- und Zugehörigen: So kann die Teilhabe von Menschen mit Komplexer Behinderung an der Gesellschaft gelingen. Die aus dieser Bearbeitung gewonnenen Erkenntnisse können in agogische Massnahmen für Menschen mit Komplexer Behinderung umgesetzt werden, und das wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Partizipation. Workshops zum Erarbeiten von Reflexionsfragen Damit die Reflexionsfragen zu den Schritten in einem inklusiven Prozess erarbeitet werden konnten, wurden im Rahmen des Projekts drei Workshops in unterschiedlichen Organisationen veranstaltet. Inhaltlich behandelten die Beteiligten je zwei der «10 Schritte für psychische Gesundheit» für Menschen mit Komplexer Behinderung, anschliessend erarbeiteten sie daraus die Reflexionsfragen und Adaptionstexte. Bei allen drei Veranstaltungen wurden die wichtigen Schritte «Freundschaft pflegen» und «sich beteiligen» bearbeitet und weiterentwickelt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Veranstaltungen setzten sich aus Menschen mit teils Komplexer Behinderung, Fach- und Assistenzpersonen, Angehörigen von Menschen mit Komplexer Behinderung sowie Mitgliedern des Netzwerks zusammen. Als Veranstaltungsformat wurde die Methode des «World-Cafés» gewählt, um an beiden Schritten und den damit verbundenen Fragen intensiv zu arbeiten. Einer der Workshops hatte eine besondere Teilnehmerkonstellation: Etliche Angehörige einer jungen Frau mit Komplexer Behinderung nahmen teil, zusammen mit der zentralen Person selbst sowie Fach- und Begleitpersonen aus der Organisation. Die Veranstaltung begann mit einer Vorstellungsrunde anhand von Bildkarten, um einen sanften Einstieg in das Thema zu ermöglichen. Die Fragen zu den Schritten «Freundschaften pflegen» und «sich beteiligen» bezogen sich direkt auf die persönliche Situation und Lebenswelt dieser jungen Frau mit Komplexer Behinderung. Dabei wurden die Teilnehmenden ermutigt, die Perspektive dieser zentralen Person einzunehmen. An den anderen beiden Workshops beteiligten sich jeweils mehrere Menschen mit Behinderung, jedoch nicht mit Komplexer Behinderung. Für sie bestand die Herausforderung darin, dass sie nicht nur ihre eigene Sichtweise als Betroffene einbrachten, sondern dass sie auch versuchten, sich in die Situation von Menschen mit Komplexer Behinderung hineinzuversetzen. Die weiteren Teilnehmer dieser Veranstaltungen waren Begleitpersonen, Fachleute, Angehörige und Personen aus der Organisation. Neue Arbeitspapiere für inklusive Workshops Um solche inklusiven Veranstaltungen durchzuführen und Betroffene in Fragen ihrer Lebenswelt und Bedürfnisse einzubeziehen, erarbeitete Insos gemeinsam mit Winklusion drei hilfreiche Arbeitspapiere (siehe Link unten). Diese Papiere bieten Beispiele für inklusive Bildungsformen aus der Praxis sowie didaktisch-methodische Tipps zur Gestaltung inklusiver Bildungsveranstaltungen. Insgesamt zeigte sich aus den Veranstaltungen, dass die direkte Einbeziehung von Betroffenen äusserst wertvoll ist. Schon allein ihre physische Präsenz bereichert und verändert den Verlauf der Diskussionen, und dies entspricht dem Grundsatz: «Nichts über uns ohne uns!» * Sandra Picceni, Projektleitung Insos. Im Fokus Inklusive Erwachsenenbildung /Arbeitspapiere: Informationen zum Projekt «Gemeinsam»:
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