ARTISET 10/11 I 2023 27 Im Fokus Schwierige Situationen sind Fachleute in Institutionen gewöhnt. Manchmal allerdings stossen auch sie an ihre Grenzen: Wenn Jugendliche nebst den sozialen Schwierigkeiten eine psychiatrische Diagnose haben, die sich schwerwiegend auf den Alltag auswirkt. Solche Fälle von gravierenden psychischen Problemen bei Jugendlichen nähmen generell seit Jahren zu, erklärt Jugendpsychiater Leonhard Funk: Stress aufgrund von Leistungsorientierung, Schulsystem und sozialen Medien, gesundheitliche Sorgen und nie Pause von unzähligen Reizen – all das mache jungen Menschen immer mehr zu schaffen. Corona habe das Problem zwar nicht begründet, aber stark akzentuiert, besonders bei vulnerablen Jugendlichen. Die Crux: «Es ist schwierig, einen passenden Platz zu finden, wenn die sozialen Probleme so gravierend sind, dass Jugendliche in der Jugendpsychiatrie nicht adäquat betreut werden können, und die psychischen Probleme so gravierend sind, dass sozialpädiatrische Institutionen die Jugendlichen nicht adäquat begleiten können.» Für junge Männer von 14 bis 18 Jahren – und demnächst auch für junge Frauen – gibt es in Winterthur eine Lösung: Somosa, die sozialpädagogisch-psychiatrische Station für schwere Adoleszenzstörungen. Funk ist dort seit vier Jahren ärztlicher Leiter, und er sagt, die tägliche enge Zusammenarbeit in den Teams mit Fachleuten aus Psychiatrie, Sozialpädagogik und Arbeitsagogik sei enorm wertvoll: «Der intensive Austausch hilft sehr beim Abwägen, welche pädagogischen oder therapeutischen Schritte zu einem bestimmten Zeitpunkt Sinn machen.» Im Team unkonventionelle Lösungen finden Wie bei jenem Jugendlichen, der nicht freiwillig in die Somosa kam und während Tagen nicht dazu zu bewegen war, morgens aufzustehen und den Tag in der Werkstätte zu verbringen. «In solchen Situationen hören alle vom Team gut hin», erklärt Benjo de Lange, Gesamtleiter Somosa. In diesem Fall habe sich der Sozialpädagoge mit der Therapeutin und dem Arbeitsagogen abgesprochen, und schliesslich machten sie dem Jugendlichen gemeinsam einen Vorschlag: «Wenn du nicht einen Tag dort verbringen magst, dann
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