34 ARTISET 10/11 I 2023 beinhaltete der Kurs neu 30 bis 70 Lektionen Theorie und befähigte die Teilnehmenden zu einfachen Pflegehandlungen. Damit bekam das Zertifikat PH SRK endlich die gebührende Anerkennung: Längst hatten nämlich Heime und Spitexorganisationen den Nutzen der Pflegehelfenden für einfache Pflege und für Nachtwachen entdeckt und Pflegehelfende inoffiziell und auf eigene Verantwortung dort eingesetzt. Das bewährte sich vielerorts gut, und mit der Professionalisierung kam zu diesem Zeitpunkt auch das fachliche Wissen dazu. Zugleich gelang in den Achtzigerjahren der definitive Schritt weg von der freiwilligen Frauenarbeit: Weil der Fachkräftemangel akuter und die Pflegehelfenden begehrter wurden, wurden die Diskussionen um die Entlöhnung immer heftiger, und am Ende fiel der Entscheid klar zugunsten einer Professionalisierung. Der Lehrgang sollte künftig zu einer Anstellung samt Arbeitsvertrag und Lohn führen. Zugleich beschlossen die Verantwortlichen, dass der Lehrgang – inzwischen erweitert und aufwendiger – kostendeckend bleiben sollte. Deshalb wird seither für die Ausbildung ein Beitrag verlangt. Professionalisierung – und endlich Lohn Nachdem die Fragen nach einem Arbeitsvertrag und Entlöhnung geklärt waren, entfachte die Professionalisierung allerdings weitere Diskussionen, diesmal bezüglich Kompetenzen. Deshalb passten die Verantwortlichen in den Neunzigerjahren den Lehrgang an die Pflegeausbildung an und erweiterten ihn noch einmal: Aus den anfänglichen 4 Lektionen Theorie wurden schrittweise 30 und 60 Lektionen, heute sind es 120 Lektionen und 15 Tage Praxiseinsatz. Einer der grössten Entwicklungsschritte fand dann 2003 statt: «Diesmal ging es um die Handlungskompetenzen», erklärt Susanne Baumann. «Es wurde klar neu definiert, welche Art Wissen und welche Fähigkeiten gefragt sind.» Kommunikation und Betreuung in Alltagssituationen sowie die Unterstützung beim Waschen, Ankleiden, Mobilisieren und Positionieren, bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und der Ausscheidung gehören seit da zum offiziellen Katalog, allerdings einzig in nicht-komplexen Situationen. Grosse Themen waren auch die wohlwollende, respektvolle Haltung gegenüber den betreuten Personen und die Kommunikation mit den Angehörigen auf der einen Seite und innerhalb der Teams auf der anderen Seite. Der grösste Kraftakt jedoch, sagt Baumann, sei die Digitalisierung der Kurse gewesen: «Das war nicht einfach in Lehrgänge hineinzubringen, die praktisch orientiert sind, und bei denen sowohl Ausbildende wie Teilnehmende eher älter und somit nicht durchwegs digitalbegeistert sind.» Andere Auszubildende seien allerdings sehr digital und daher am besten erreichbar mit Filmen, e-Books und Plattformen, die sie via Handy abrufen können. Das Motto der neuen Unterrichtsmaterialien, die seit Juli 2022 im Einsatz sind, lautet daher: einfache Sprache, viele Bilder, Filme und Animationen. All das komme der neuen Form von Lernen sehr entgegen, sagt die Lehrgangsverantwortliche. «Das haben wir in der Neuauflage unseres Lehrmittels stark berücksichtigt.» Individualisieren, modularisieren, flexibilisieren – der Lehrgang sei trotz seiner 65 Jahre sehr modern geworden. Und divers: «Durchmischte Pflege tut gut, wir möchten daher vermehrt auch Männer ansprechen.» Deshalb zeigen die Bilder der neusten Ausgabe unter anderem junge pflegende Männer, auch mit diversen kulturellen Hintergründen. «Das repräsentiert vielleicht nicht genau den Status quo, aber einen Zustand, der vielleicht künftig zur Realität werden könnte.» Weiterentwickeln, aber gezielt Ob sich der Kurs weiterentwickeln und professionalisieren wird? Susanne Baumann wiegt zweifelnd den Kopf: «Klar ist, dass es weitergehen muss. Aber systematisch, und genau dort, wo der Bedarf am grössten ist.» Eine «halbe FaGe-Ausbildung» soll der Lehrgang nicht werden, sagt sie, und findet es sehr wichtig, dass die Weiterentwicklung vernetzt läuft: «Sie soll nicht verzettelt werden, indem verschiedene Anbieter wie private Spitex- oder Spitalorganisationen je ihr eigenes Ding entwickeln.» Eine Bedarfsanalyse in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule soll Ende Jahr erste Resultate darüber zeigen, was in Zukunft am dringendsten gebraucht wird. Was bereits jetzt bekannt ist, sind die besonderen Stärken, die Pflegehelfende SRK mitbringen: Sie finden im Vergleich zu den «Diplomierten» mehr Zeit für den sehr direkten Kontakt mit den Menschen, kennen sie daher gut und können das Wissen, das sie daraus gewinnen, weiterleiten. Und sie stehen im engen Kontakt mit pflegenden Angehörigen. «Viele sind sehr herzlich, engagiert und mit viel Herzblut dabei und führen ihre Arbeit innerhalb ihrer Kompetenzen selbstständig aus», freut sich Baumann. Das sei umso wichtiger, weil die Lehrgangsabsolventinnen und -absolventen, im Durchschnitt 40 Jahre alt und älter, ihren künftigen Arbeitgebenden nicht nur lange erhalten bleiben, sondern sich mehrheitlich weiterbilden wollen. Damit seien sie für Langzeitpflege-Institutionen unverzichtbar, sagt Susanne Baumann und lacht. «Jetzt müssen sie einfach noch bekannter werden!» Aktuell Informationen zum Lehrgang SRK:
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