ARTISET 10/11 I 2023 37 Aktuell meinen ersten Jahren bei Curaviva diskutierten wir immer wieder darüber, dass wir endlich wegkommen müssen von einem defizitorientierten Blick. …es vergingen dann aber noch einige Jahre bis zur Entwicklung des WOPM? Um den Jahreswechsel 2014 /2015 wurde mir so richtig bewusst, dass wir immer die gleichen Fragen stellen. Anlässlich eines Treffens am 23. Dezember 2014 mit dem damaligen Präsidenten von Curaviva Basel-Stadt wurde die Idee des WOPM geboren. Wir kamen zum Schluss, dass wir die Heime innerhalb ihres Sozialraums denken müssen. Die Eckwerte definierten wir dann im Verlauf des Jahres 2015. Damals dachten wir noch stark vom Gebäude her. Konsequent setzten wir den sozialräumlichen Ansatz im Jahr 2020 mit der «Vision Wohnen im Alter» um. An welchen Vorbildern orientierten Sie sich? Wir konnten mit unserem Konzept an die Entwicklungsarbeit des Kuratoriums der deutschen Altershilfe anknüpfen und diese fortschreiben. Deutschland ist generell in der Theorie immer sehr weit, aber es fehlen dann häufig die Ressourcen, um diese Ideen umzusetzen. Welches sind die zentralen Botschaften des Modells? Wohnen bildet immer die Grundlage, und dann gibt es ein Plus: Wohnen plus Pflege und Betreuung, plus Dienstleistungen, plus Alltagsgestaltung. Und das alles muss im Sozialraum verankert sein, also im Quartier, im Dorf, in der Region, in der Stadt. Die Ausgestaltung der einzelnen Elemente orientiert sich daran, wo diese erbracht werden. Das kann im angestammten Zuhause sein, im intermediären Bereich, in einem Wohnensemble mit Pflegewohn- und Demenzwohngruppen oder auch in einer klassischen Institution. Die Rezeption des Modells kann nur vor dem Hintergrund der integrierten Versorgung funktionieren. Wie erleben Sie den Fortschritt in diesem Bereich? Heute gibt es ganz tolle Beispiele der integrierten respektive der koordinierten Versorgung, aber es gibt auch Regionen, wo diese noch praktisch nicht umgesetzt wird. Gut funktioniert es immer dort, wo die koordinierte Versorgung CURAVIVA-KONGRESS 2024 Unter dem Titel «AH! statt Ach. Wie wir mit Ideen und Tatkraft die Branche weiterentwickeln» findet am 24. und 25. Januar im Congress Center Basel der Curaviva-Kongress 2024 statt. Namhafte Referentinnen und Referenten diskutieren mit den Teilnehmenden über den Wandel der Branchenstruktur und deren Einflussfaktoren. Weitere Schwerpunkte betreffen die Altersentwicklung in der Gesellschaft, den Wandel der Arbeitswelt, die Individualisierungstrends und die Digitalisierung. Angesprochen sind Führungskräfte der Dienstleister für Menschen im Alter, Vertreterinnen und Vertreter der Branche, von Behörden, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie Vertretende von Partnerorganisationen und weitere Interessierte. Anmeldung bis zum 3. Januar: ➞ agenda.artiset.ch strategisch verankert ist. Etwa bei den Trägerschaften der stationären und ambulanten Leistungserbringer oder aufseiten der kommunalen oder kantonalen Behörden. Viele Trägerschaften, gerade jene, die keine spezialisierten Fachleute haben, sind sich ihrer Verantwortung noch zu wenig bewusst. Schon heute fehlt vielfach Personal und Geld für eine adäquate Pflege und Betreuung. Wie wird das erst sein, wenn Ihre Generation in gut 20 Jahren auf professionelle Unterstützung angewiesen ist? Gerade im Bereich der Betreuung müssen wir alle mithelfen und können diese nicht einfach den Profis überlassen. Unser «Vision Wohnen im Alter» benennt neben den Profis ganz konkret Nachbarn, Angehörige und Freiwillige. Zu Letzteren gehören auch Rentnerinnen und Rentner. All diese Gruppen der Zivilgesellschaft sind aber noch viel zu wenig im Blick der Verantwortlichen. Wir sollten gerade auch für diese attraktive Arbeits- und Einsatzmöglichkeiten in der Begleitung und Betreuung betagter Menschen «In der Wissenschaft ist das hohe Alter sehr präsent. Die gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit hinkt meistens etwas hinterher. Wenn es immer mehr alte Menschen gibt, müssen wir uns dem Thema stellen.» Markus Leser
RkJQdWJsaXNoZXIy MTY2MjQyMg==