ARTISET 10/11 I 2023 39 finden. Sie dürfen und können aber nicht einfach «Lückenbüsser» von fehlendem Fachpersonal sein. Welche Verantwortung sehen Sie aufseiten von Bund, Kantonen und Gemeinden? Wir müssen endlich damit aufhören zu meinen, die Langzeitpflege und -betreuung darf nichts kosten. Das hohe Alter kostet einfach etwas, das können wir drehen und wenden, wie wir wollen. Wenn wir die Ebene der Gemeinde nehmen: Es wäre zum Beispiel ehrlich, wenn eine Gemeinde den Bedarf definiert und dafür dann auch die nötigen Finanzierungen bereitstellt. Es ist klar, dass die Gemeinde nicht jeden Luxuswunsch finanzieren kann, aber es geht darum, dass man in Rahmen eines politischen Prozesses den Bedarf festlegt. Als Gerontologe haben Sie den Verband während Ihrer langjährigen Tätigkeit ganz besonders in fachlicher Hinsicht geprägt… Die Facharbeit hat mich immer sehr interessiert. Und ich denke, dass wir hier auch einiges erreicht haben. Neben der «Vision Wohnen im Alter» haben wir gemeinsam mit anderen Akteuren das Vier-Stufen-Modell für das Betreute Wohnen entwickelt. Und innerhalb unseres Teams bei Curaviva haben wir zwecks Unterstützung der Branche unzählige Themendossiers erarbeitet. Immer wenn eine Frage aus der Praxis aufgetaucht ist, haben wir Antworten gesucht und praktische Anleitungen entwickelt. Erwähnen möchte ich besonders unsere Dossiers in den Bereichen Palliative Care und Demenz. Diese fachliche Arbeit für die Branche und die Kontakte mit den Pflegeheimen haben mir immer sehr viel Freude bereitet. Verbandsarbeit bedeutet auch, die Brancheninteressen gegenüber Politik und Behörden zu vertreten. Konnten Sie hier Pflöcke einschlagen? Curaviva und damit auch die Branche ist heute in der Öffentlichkeit präsent und wird wahrgenommen. Zudem stehen wir in einem Austausch mit anderen Akteuren der Branche, unter anderem mit der Spitex und mit Senesuisse, und wir pflegen regelmässige Kontakte zu Politikerinnen und Politikern sowie Behörden der unterschiedlichen Staatsebenen. Ich denke, dass die politische Seite der Verbandsarbeit aber künftig noch stärker gewichtet werden muss. Das Politische, ganz besonders auch die Bündelung der vielfältigen, manchmal auch widersprüchlichen Brancheninteressen, war nie meine grosse Stärke. Meine Pensionierung kommt deshalb jetzt zu einem guten Zeitpunkt. Sie selbst und auch der Philosoph und Publizist Ludwig Hasler werben dafür, dass sich gerade die jüngeren Rentnerinnen und Rentner weiterhin für die Gemeinschaft engagieren sollen. Wie halten Sie es damit? Sobald ich Curaviva im Januar 2024 verlassen habe, werde ich eine Beratungsfirma eröffnen. Auf dieses Weise möchte ich mein Wissen einbringen, so lange dies für mich möglich ist. Gemeinsam mit anderen arbeite ich auch an einem Buchprojekt zur Babyboomer- Generation. Daneben aber soll genügend Platz bleiben für den Ausbau meiner sportlichen Aktivitäten. Zudem planen meine Frau und ich eine längere Australienreise. Und wie steht es mit der nationalen Sensibilisierungskampagne für die Bedürfnisse des Alters, die Sie 2019 angedacht haben? Jetzt hätten Sie Zeit dafür… Eine solche Sensibilisierungskampagne zu organisieren, hat sich als sehr schwierig erwiesen. Schwierig ist es vor allem, die verschiedenen Altersorganisationen für gemeinsame Anlässe und Kundgebungen zu gewinnen. Geplant war unter anderem eine Aktion auf dem Bundesplatz. Ich habe entschieden, mich aus der politischen Arbeit zurückzuziehen und mich auf die Weitergabe meines Fachwissens zu konzentrieren. * Markus Leser, Dr., Jg.1959, hat Soziale Arbeit studiert und dann ein Gerontologie- Studium absolviert. Seit 2003 ist er für Curaviva tätig, zunächst als Leiter des Fachbereichs Alter von Curaviva Schweiz, von Januar 2022 bis Ende Januar 2023 als Geschäftsführer des Branchenverbands Curaviva und Mitglied der Geschäftsleitung von Artiset und seither als Senior Consultant von Curaviva. Ende Januar 2024 geht er in Pension. Christina Zweifel ist seit dem 1.November neue Geschäftsführerin des Branchenverbands Curaviva und Mitglied der Geschäftsleitung von Artiset. «Wir müssen endlich damit aufhören zu meinen, die Langzeitpflege und -betreuung darf nichts kosten. Das hohe Alter kostet einfach etwas, das können wir drehen und wenden, wie wir wollen.» Markus Leser Aktuell
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