48 ARTISET 10/11 I 2023 Aktuell Nicht nur in Pflegeheimen, sondern auch in so manchen sozialen Institutionen sind die personellen Ressourcen zeitweise oder dauernd zu tief. Dies hat Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit und auf die Gesundheit der Mitarbeitenden. Es gibt Massnahmen, um solche Personalengpässe etwas abzufedern. Von David Rossi* Personalengpässe abfedern Stellen wir uns vor: Im (fiktiven) Team Sonnenberg der Institution Waldheim arbeiten eigentlich sieben Mitarbeitende mit einem Pensum von insgesamt 470 Stellenprozenten. In dieser Woche sind aber nur 310 Stellenprozente besetzt. Somit fehlen 160 Stellenprozente. In den fünf Wochen davor hatten 120 Stellenprozente gefehlt. Ist das eine Ausnahme in sozialpädagogischen Institutionen? Mitnichten. In einigen Institutionen ist dies eher die Regel. Wie kommt es dazu, und was hat es für Auswirkungen? Gravierende Folgen Schauen wir uns die Situation im Team Sonnenberg genauer an: Stefan (80 Prozent) ist seit vier Monaten krankgeschrieben. Fränzi (60 Prozent) ist seit acht Wochen im Mutterschaftsurlaub, Ursula (60 Prozent) hat eine starke Grippe und fällt deswegen eine ganze Woche aus. Die Teamleiterin Katja arbeitet 100 Prozent. Davon stehen ihr 20 Prozent für ihre Führungsaufgaben zur Verfügung. Die Institution hat eine Springerin, die demnächst einen Teil von Stefans Pensum (40 Prozent) übernehmen wird. Trotz Einsatz der Springerin und Rückkehr von Ursula fehlen dem Team über weitere zwei Monate 100 Stellenprozente. Die verbleibenden Mitarbeitenden des Teams müssen die Arbeit der fehlenden Mitarbeitenden auffangen. Die Folgen sind vielfältig: ■ Die Journaleinträge über die Klientinnen und Klienten werden meist nicht gemacht. Dadurch sind die verschiedenen Mitarbeitenden schlecht über Vorkommnisse und neue Regelungen informiert und es kommt zu Konflikten, weil Klienten diese Unklarheiten und die teilweise widersprüchlichen Handhabungen der Mitarbeitenden spüren. ■ Die Freizeitaktivitäten der Klienten können oft nicht durchgeführt werden, weil niemand da ist, der sie begleiten kann. Bei einigen Klientinnen und Klienten führt dies merklich zu mehr Gereiztheit. ■ Bestellungen von Pflegematerial und Lebensmittel werden gemacht, ohne vorher das zeitaufwendige Inventar zu machen. Dies führt dazu, dass Material fehlt, von bestimmtem Material zu viel da ist und wiederholt Lebensmittel weggeworfen werden müssen. ■ Die wenigen vorhandenen Sitzungen werden vor allem gebraucht, um die Aufgaben und die Vertretungen zu organisieren und «den Laden am Laufen zu halten». Dies führt dazu, dass keine Zeit bleibt für einen Austausch zum Befinden, für Rückmeldungen, Diskussionen und schon gar nicht für die gemeinsame Verbesserung von Abläufen oder die Besprechung von neuen Strategien im Umgang mit herausforderndem Verhalten einzelner Klienten. ■ Die Teamleiterin Katja arbeitet fast 100 Prozent in der Betreuung mit. Dadurch fehlt ihr die Zeit für die Vorbereitung der Mitarbeitergespräche, für das eigene Führungscoaching oder die Rücksprache mit den Mitarbeitenden bei der Einsatzplanung. ■ Weil die Situation schon seit mehreren Jahren immer wieder so ist, erwägen zwei der Mitarbeitenden einen Stellenwechsel. Eigentlich mögen sie die Arbeit, aber sie befürchten, dass sie ein Burnout haben könnten, wenn sie weiterhin so arbeiten müssen. Teufelskreis durchbrechen Nebst den negativen Folgen für die Klientinnen und Klienten und die
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