Wenn die seele hilfe braucht | Magazin ARTISET |10-11-2023

ARTISET 10/11 I 2023 7 Im Fokus Der Römerhof ist in Zürich eine Institution. Das Alters- und Pflegeheim bietet Menschen, die mehrfach krank sind, umfassende psychosoziale und medizinische Pflege. Wer in das geschichtsträchtige Haus einzieht, erfährt Aufmerksamkeit. Von Monika Bachmann Im Kreis 7 lebt es sich gut. Die Gegend gilt als beliebte, sogar gehobene Wohnadresse. Hier trifft man auf noble Orte, wie etwa das Dolder Grand Hotel. Auch der Zürcher Zoo ist in diesem Gebiet angesiedelt. Der nahe gelegene Wald und die Aussicht zum gegenüberliegenden Uetliberg bieten Lebensqualität. Vom Hauptbahnhof aus führt ein Tram mitten durchs Quartier – und entlang der belebten Asylstrasse. An der Nummer 40 steht ein stattlicher, hufeisenförmiger Bau mit der Anschrift: «Römerhof – mehr als Pflege». Es ist 13 Uhr. Im Entree ist gerade einiges los. Ein Bewohner, der in einen beigen, leicht zerknitterten Anzug gekleidet ist, geht am Rollator in Richtung Tiefkühler, der im Empfangsbereich aufgestellt ist. Er besorgt sich zum Nachtisch sein Eis. Eine ältere Frau steht am Schalter und bezieht gerade ihr tägliches Taschengeld. Auf der anderen Seite des Raums sitzt ein Mann um die 60. Er scheint angespannt und leicht nervös zu sein. Ein Gespräch mit einem Mitarbeiter schafft dann Abhilfe. Dies sind drei Personen, die im Alters- und Pflegeheim Römerhof wohnen. Das Haus im Kreis 7 bietet Menschen, die in ihrem Leben die Noblesse nicht kennengelernt haben, ein Zuhause für immer. Ganzheitliche Pflege Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind auf psychosoziale Pflege angewiesen. Einige haben eine Suchterkrankung, andere sind psychisch krank. Sie leiden zum Beispiel an einer bipolaren Störung, an Borderline oder befinden sich in einer Substitutionstherapie. Es sind vorwiegend ältere Personen, die im Römerhof endlich ein Daheim gefunden haben – und eine Betreuung, die ihren Bedürfnissen angepasst ist, auch wenn im Lauf der Zeit weitere Diagnosen wie beispielsweise eine Demenz hinzukommen. «Psychosoziale und medizinische Probleme lassen sich nicht trennen», sagt Anastasia Skripnikov, die in der Institution als Projektmanagerin engagiert ist. Diese Erkenntnis ist im Römerhof mit der Zeit gewachsen. So hat man vor zwölf Jahren das Konzept neu ausgerichtet. «Die zunehmende Nachfrage nach Plätzen mit psychosozialer Betreuung war damals ausschlaggebend», erzählt Anastasia Skripnikov. Heute beherbergt das Haus 95 Bewohnerinnen und Bewohner, die auf fünf Etagen leben. In einer nächsten Bauetappe kommt eine sechste Abteilung hinzu. Bald stehen im Römerhof 140 Betten in Einer- und Zweierzimmer zur Verfügung. Jedes Stockwerk hat eine spezifische Ausrichtung, unter anderem bietet das Haus Raum für Menschen mit Demenz, für Pflegebedürftige oder für Personen, die auf medizinaltechnische Massnahmen angewiesen sind. Auch betreutes Wohnen sowie Übergangs- und Entlastungspflege gehören zum Angebot. Der psychosoziale Aspekt ist in jedem Fall eingeschlossen. «Wir bieten eine ganzheitliche Pflege», fasst Anastasia Skripnikov zusammen. Zusammenarbeit mit Drittstellen Den Weg in den Römerhof finden die meisten Bewohnerinnen und Bewohner über eine Drittstelle, wie die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK), einen Sozialdienst, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder einen Hausarzt, eine Hausärztin. Pflegedienstleiter Nikola Stojadinovic misst der Zusammenarbeit mit diesen Stakeholdern grosses Gewicht bei: «Bei einem geplanten Eintritt sitzen wir stets zusammen an einen Tisch, um für den Bewohner oder die Bewohnerin die beste Lösung zu finden», sagt er. In erster Linie gehe es darum, die passende Abteilung zu wählen, danach werde eine Tagesstruktur ausgearbeitet, die den persönlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten der betroffenen Person entspreche, so Nikola Stojadinovic. Aktivierung ist dabei ein zentrales Element: Während die einen gerne Klavier spielen, gehen andere lieber spazieren. Dabei setzt man auf die Unterstützung durch Freiwillige in Form von Nachbarschaftshilfe. Zudem finden Gesprächstherapien statt, die von Fachpersonen von Home Treatment der PUK oder externen Fachärztinnen und -ärzten geführt werden. Fest verankert ist auch das wöchentliche Aktivierungsprogramm, das zur Teilnahme an Spielnachmittagen, Qigong, Gottesdiensten oder zum Kuchenbacken einlädt. «Bei der Entwicklung einer individuellen Tagesstruktur Eine Bewohnerin hegt und pflegt ihr Hochbeet: Die an der Biografie ausgerichtete Alltagsgestaltung und das Gespräch tragen im Römerhof in Zürich viel zum Wohlbefinden bei. Foto: Römerhof/Nina Kälin

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