Erfahrungen teilen

24 ARTISET 12 I 2022 Im Fokus Dylan Yenni ist ein grosser, ausgesprochen fröhlicher und sympathischer junger Mann von 25 Jahren. «Ein unkomplizierter Typ», sagt er von sich selbst. Hinter seinem breiten Lächeln und den grossen grünen Augen versteckt sich eine oft entwaffnende Direktheit. «Ich sehe nicht ein, warum ich etwas über sieben Umwege sagen soll», sagt er. «Es passt oder es passt nicht! Aber ich musste trotzdem lernen, etwas diplomatischer vorzugehen», gibt er zu. Mit seinem manchmal trockenen Humor gefällt es ihm, Menschen «zur Aktivität» zu bewegen. Pragmatisch bringt er die Dinge auf den Punkt und hält sich nicht mit unnötigen Fragen auf. Er wird nicht gerne überrumpelt, und seine oft kategorischen Äusserungen erfahren selten Widerspruch. An diesem Morgen ist Dylan Yenni mit seinem Hund Malo, einem Weimaraner, unterwegs. Seine junge Jack-­ Russel-Hündin Kiwi musste zuhause bleiben. «Beides dickköpfige Hunderassen. Vielleicht habe ich sie nicht umsonst ausgewählt», bemerkt der junge Mann, der schon von klein auf von Hunden umgeben war. Er ist mit einer Entwicklungsstörung geboren, die mit einer leichten Form von Autismus einhergeht, die sich heute kaum noch bemerkbar macht. Sein familiäres Umfeld war schwierig. Er wuchs in einer Pflegefamilie auf, verbrachte jedoch viel Zeit in Kinderheimen. Schrittweise in die Unabhängigkeit Wenn Dylan Yenni all seine Tätigkeiten aufzählt, die ihn in Kontakt mit zahlreichen Menschen bringen, fällt es einem schwer zu glauben, dass er ein einsames Kind war. Wie er selbst sagt, verkroch er sich in einer Ecke, sobald sich mehr als zwei oder drei Personen in seiner Nähe aufhielten. Seine Zeit nach der Volljährigkeit verbrachte er in den Strukturen der Fondation Eben-Hézer, zuerst in einem Erwachsenenwohnheim, dann in einer Wohngemeinschaft und zuletzt allein in einer Wohnung. So erlangte er schrittweise seine Unabhängigkeit. Heute führt er ein selbstbestimmtes Leben ohne Beistandschaft in seiner eigenen Wohnung in Montbovon im Kanton Freiburg. Der Inklusionshelfer Das Projekt der Inklusionsbegleitung (Inclusive Facilitation) soll Menschen mit Behinderung mithilfe von Peers zu einer selbstbestimmten Lebensführung verhelfen. In der Westschweiz wurden im Rahmen eines Pilotprojekts bereits fünf junge Inklusionsbegleitende ausgebildet. Einer davon ist Dylan Yenni. Er ist begeistert von seiner Aufgabe, wartet aber noch auf die offizielle Anerkennung des Berufs. Von Anne-Marie Nicole

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY2NjEzOQ==