54 ARTISET 12 I 2022 Politische Feder Für die meisten jungen Menschen ist der 18. Geburtstag ein Glücksmoment. Es kommen an diesem Tag viele neue Rechte und auch einige Pflichten hinzu. Trotz der rechtlichen Eigenständigkeit bleibt aber die Unterstützung der Eltern bis zum Abschluss der Erstausbildung bestehen. Das soll jungen Menschen einen guten Start ins Erwachsenenleben ermöglichen. Das ist wichtig. Diese Sicherheit ist bei Careleaverinnen und Careleavern nicht gegeben. Anträge und Formulare gehören für diese jungen Menschen zum Alltag. Die heutigen Rahmenbedingungen können sogar dazu führen, dass sie auf eine weitere Ausbildung verzichten. Das darf nicht sein. Pflege- und Heimkinder tragen oftmals einen schweren Rucksack. Mit 18 Jahren wird der Rucksack noch etwas schwerer. Ich habe inzwischen viele Careleaverinnen und Careleaver kennengelernt und bin einfach nur beeindruckt. Je nach Kanton sind die Herausforderungen unterschiedlich hoch, das strukturelle Problem jedoch besteht überall. Dies muss geändert werden. Dafür braucht es zuerst eine Sensibilität und verlässliche Zahlen aus allen Kantonen und Gemeinden. Deshalb habe ich mich – gemeinsam mit den Careleaverinnen und Careleavern – für eine flächendeckende Erhebung eingesetzt. Selbstverständliche Rechte wie die Übernahme der Lebenshaltungskosten, freie Ausbildungswahl durch die Sicherheit der Finanzierung und eine freie, nicht geldgetriebene Wahl der Wohnform sind Rahmenbedingungen, die gewährleistet werden müssen. Diese dürfen nicht mit 18 Jahren auslaufen, sondern erst nach Abschluss der Erstausbildung. Dies fordern wir parteiübergreifend im Nationalrat. Des Weiteren muss die Umsetzung bereits getroffener Empfehlungen der Sozialdirektorenkonferenz und der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz in allen Kantonen und Gemeinden umgesetzt werden. Neben den erwähnten Unterstützungsleistungen bis zum Abschluss der Erstausbildung wird etwa auch eine möglichst frühe Information der Pflegekinder über ihre Rechte empfohlen Die Empfehlungen haben alle das Ziel, sich für eine Stärkung der Kinderrechte einzusetzen. Nur so können wir den jungen Menschen den sowieso schon schweren Rucksack abnehmen. Pflegekindern den Rucksack nicht noch schwerer machen «Freie Ausbildungswahl und eine freie, nicht geldgetriebene Wahl der Wohnform sind Rahmenbedingungen, die gewährleistet werden müssen.» Sarah Wyss ist SP-Nationalrätin von Basel-Stadt. Foto: Privat
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