ARTISET 12 I 2023 21 ■ Optimale Pflege: Einbezug der Bewohnenden in Entscheidungen, selbstbestimmte Pflege Doch wie wird in der stationären Langzeitpflege Qualität gemessen? Nach Vorgabe des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) werden etwa die medizinischen Qualitätsindikatoren erfasst. Diese sind: Mangelernährung, Polypharmazie, Schmerz und bewegungseinschränkende Massnahmen. Diese Qualitätsindikatoren haben jedoch nicht zum Ziel, die Pflegequalität umfassend abzubilden. Es handelt sich hierbei lediglich um Hinweise, welche einen Teil der Qualität widerspiegeln. Sie sind ein erster Anhaltspunkt zur Qualität der von einem Pflegeheim in den gemessenen Bereichen erbrachten KVG-Pflegeleistungen. Eine themenspezifische Verbesserung der Qualität Bei der Gegenüberstellung der Definition der Pflegequalität, der Anforderungen an Qualitätsmessungen und der MQI erkennt man also schnell die Herausforderung: Mit der Messung der MQI – welche auf die KVG-Pflegeleistungen abgestützt sind – wird nicht dasselbe Ziel verfolgt wie mit der Messung der Pflegequalität. Trotzdem können deren Erfassung, Offenlegung und Nutzung für die Langzeitpflegeinstitutionen hilfreich sein und zur Verbesserung der Pflegequalität beitragen. Die erfassten Daten können beispielsweise genutzt werden, um daraus themenspezifisch die Qualität der Pflege ableiten – und entsprechende Massnahmen einleiten zu können. Oft braucht es allerdings für eine ganzheitliche Bearbeitung eines Indikators ein Praxisentwicklungsprojekt. Dies ist eine Methode für die systematische Einführung von evidenzbasierten, innovativen und personzentrierten Ansätzen in die Praxis, beispielsweise durchgeführt von Pflegeexperten/-innen APN. Diese Methode baut auf einer Sammlung von Werkzeugen und Interventionen auf, die auf spezifischen Prinzipien basieren. Dabei sind die integrierten Evaluationsansätze stets inklusiv, partizipativ und kollaborativ. Veränderung der Daten frühzeitig erkennen Damit jedoch – basierend auf den erfassten MQI-Daten – ein Praxisentwicklungsprojekt eingeleitet werden kann, jeweils mit dem Ziel, die Pflegequalität zu einem definierten Indikator zu verbessern, müssen Veränderungen der Daten frühzeitig erkannt werden können. Um dies zu gewährleisten, sollen zukünftig alle Rai- und Besa-Kundinnen und -Kunden ihre wöchentlich aktualisierten Qualitätsindikatoren jederzeit in einem Dashboard analysieren können. Dies soll den jährlichen Bericht zu den Qualitätsindikatoren ablösen und die Institutionen bei der Datenanalyse und der Einleitung von individuellen und zielfokussierten Interventionen unterstützen. Der Verbesserungsprozess kann sich folgendermassen zeigen: Nachdem die MQI-Daten im Dashboard analysiert und priorisiert wurden, erfolgt eine Interpretation der Daten zu einem bestimmten Qualitätsindikator. Hierbei geht es neben der datenfokussierten Interpretation auch um eine fachliche Diskussion: Welche institutionellen und individuellen Faktoren erklären die Zahlen? Was könnten Auslösepunkte und Herausforderungen im Alltag sein? Dabei kann auch das Dashboard unterstützend genutzt werden, etwa bei der Suche nach Abhängigkeiten (wie einer Veränderung der Pflegebedarfsstufe im selben Zeitraum wie der priorisierten MQI). In einem weiteren Schritt geht es darum, das gewünschte Ziel zu definieren und Interventionen zu planen, eingebettet in einem Praxisentwicklungsprojekt oder einem anderen geeigneten Rahmen. Dabei kann als Basis die Erstellung oder Überarbeitung eines evidenzbasierten Konzeptes im Mittelpunkt stehen oder auch die Optimierung von (interprofessionellen) Prozessen. Damit die Veränderung nachhaltig verstanden und umgesetzt werden kann und die Mitarbeitenden in der Lage sind, kritisch und informiert zu handeln, ist bei der Implementierung und darüber hinaus eine begleitende Person sinnvoll, welche das Team unterstützt und den neuen Prozess moderiert und regelmässig evaluiert, zum Beispiel mit Hilfe der MQI-Daten. * Natascha Nielen, Pflegeexpertin APN-CH und Projektleiterin bei Besa Qsys AG sowie Gründerin und Geschäftsführerin bei InnoCare Project. Genügend Personalressourcen, eine gute Teamzusammenarbeit und ein entsprechendes Sicherheitsklima haben einen Einfluss auf die Pflegequalität und führen zu weniger impliziter Rationierung.
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