Die Qualität der Pflege weiterentwickeln Magazin ARTISET 12

ARTISET 12 I 2023 35 PODCAST: Bedeutung ist es, die Perspektiven und Erfahrungen der Pflegekinder selbst in den Mittelpunkt zu stellen, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse und Anliegen angemessen berücksichtigt werden.» Die Careleaver seien deshalb zu wichtigen Ansprechpartnerinnen und -partnern für das Projekt geworden, sagt Judith Bühler. Mit dem Abschluss der Phase II «Forschung und Dialog» kommt das Projekt jetzt in das letzte Drittel: Mitte November wurden die Ergebnisse aus drei Jahren Studien an der Projekttagung präsentiert (siehe Kasten). «Die drei Studiengruppen hatten den Auftrag, ihre Ergebnisse in jeweils drei thematischen Aussagen zusammenzufassen», erklärt Judith Bühler. Die Veranstaltung lief unter dem Motto «Keine Praxis ohne Forschung – keine Forschung ohne Praxis»: Es müsse ein Dialog auf Augenhöhe stattfinden, hatte sie im Vorfeld klargestellt, nicht einfach eine Forschungspräsentation. «Tatsächlich geht es nicht um eine Grundlagenforschung, sondern um qualitative Forschung, die Antworten auf gewisse Fragen bietet.» Viel Nachholbedarf bei Pflegeverhältnissen Einige Resultate seien nicht überraschend, findet sie: «Dass der Einbezug von Herkunftsfamilien und der Umgang mit Loyalitätskonflikten enorm wichtig sind, weiss man in der Sozialpädagogik und im institutionellen Kontext schon seit 30 Jahren – bei Pflegeverhältnissen gibt es hier noch viel Nachholbedarf.» Die Studien hätten jetzt aber solche Annahmen klar belegt und dienten künftig als fachliche Grundlagen, auf die sich auch der Bundesrat bei einer möglichen Revision der Pflegekinderverordnung stützen könne. Auch in der Praxis habe sich längst gezeigt, dass Fachlichkeit ein sehr erfolgversprechendes Modell sei: «Während in den Institutionen qualitative Mindeststandards wie beispielsweise der Stellenplan und anderes unbestritten sind, gilt dies für Pflegeverhältnisse noch viel zu wenig – dabei geht es um dieselben Kinder!» In den nächsten drei bis fünf Monaten wird die Projektgruppe als Phase III die Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen und die Eckwerte für ein Folgeprojekt festlegen. Die Palatin-Stiftung lanciert danach eine Ausschreibung «Die Familienpflege ist ein sehr gutes Setting für viele Kinder und Jugendliche. Sie ist aber auch eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten.» Judith Bühler ZUM PROJEKT: dazu. Die Frage könne unter anderem sein, wie sich die Pflegekinderhilfe in die Jugendhilfe einordnen lässt und wie man den Dschungel von Instanzen überblickbarer gestalten kann. Wichtig, sagt Judith Bühler, sei unter anderem Klarheit darüber, ob man die Pflegefamilie ins Zentrum stelle oder die Pflegekinder – und dass man ganz generell die Pflegefamilien als eine mögliche Familienform anerkenne und damit akzeptiere: «Der Schutz der Pflegekinder ist Aufgabe der Gesellschaft und des Staates.» Als Beispiel für eine gute Begleitung der Herkunftsfamilien nennt sie den Kanton Genf, in dem je eine Instanz für den Kindesschutz, eine für die Begleitung der Herkunftsfamilien und eine für die ufsicht von Pflegefamilien zuständig ist. «Gibt es Konflikte, werden diese von den zuständigen Ämtern untereinander auf professioneller Ebene verhandelt.» Eine solche Beteiligung und Koordination von Fachleuten mit einem soliden Fallmanagement könnten in Zukunft zentral werden, sagt sie. Und die Ergebnisse des Projekts könnten helfen, die Definition von sozialpädagogischen Prozessen und Standards voranzutreiben. Careleaver Gael Plo jedenfalls erwartet von den Studienresultaten eine grosse Wirkung für die «next generation». Für ihn steht fest: «Insgesamt erhoffe ich mir, dass die Ergebnisse dieser Studien konkrete Handlungsempfehlungen liefern werden, um das Leben von Pflegekindern in der Schweiz zu verbessern und ihnen eine stabilere und unterstützende Umgebung zu bieten.» Aktuell

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