ARTISET 12 I 2023 37 kollektiven Beurteilung. Zunächst nahmen die verschiedenen Teams eine Selbstbeurteilung vor. «Sich Ziele zu setzen, war für manche nicht ganz einfach», so Christian Morard. Die Teams sind es zwar gewohnt, sich regelmässig zu treffen – jedoch eher, um über fachliche Fragen aus ihrem Arbeitsalltag zu sprechen, nicht so sehr über Möglichkeiten zur Verbesserung der Funktionsweise oder der Stimmung. Laut dem Entwickler des Ansatzes, François Gonin, beugt die kollektive Leistungsbeurteilung auch psychosozialen Risiken vor. Es sei überaus wichtig, ein gutes Arbeitsklima zu pflegen, um späteren Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen. Der Heimleiter ist überzeugt: «In unseren Sitzungen sprechen wir zu oft über das, was nicht funktioniert. Sollten wir nicht eher an einer wohlwollenden und solidarischen Haltung arbeiten?» Den Dialog zwischen den Mitarbeitenden fördern Die Autonomie der Teams – danach strebt Christian Morard. «Ich wünsche mir, dass sie eine positive Einstellung zur Arbeit haben. Wir müssen darüber sprechen können, was funktioniert, uns darüber freuen und es feiern. Und wir müssen Fehler akzeptieren. Ich bin überzeugt, dass dieses Instrument den Teams hilft, sich gemeinsame Ziele zu setzen und Freude an ihrem Alltag zu haben. Es fördert die Kommunikation und schlichtet Konflikte.» So entwickelte zum Beispiel das Küchenteam aufgrund der Verantwortung, sich als Team selbst zu beurteilen, eine neue Organisation, die den Dialog zwischen den Mitarbeitenden fördert. «Zur Stärkung der Zusammenarbeit hat der Küchenchef ein kurzes, fünfminütiges Gespräch dreimal pro Woche eingeführt.» Für die Heimleitung liegt der Schlüssel zum Erfolg im Teamgeist. «Um die Arbeit weiterzuentwickeln, müssen die Mitarbeitenden am gleichen Strick ziehen. Die Führung wird mehr und mehr zu einer Teamaufgabe, davon bin ich überzeugt. Wir stehen am Anfang von grossen Veränderungen.» Partizipative Führung ist eine Herausforderung Die Ergebnisse nach der zweiten, erst kürzlich durchgeführten kollektiven Leistungsbeurteilung sind vielversprechend. «Für gewisse Personen ist es natürlich eine grosse Veränderung. Nicht alle sind es gewohnt, die eigene Meinung einzubringen», räumt Anne- Claude Jaccottet ein. Zudem bedeutet es für einige Mitarbeitende eine Herausforderung, die Teamleistung aufgrund der gemeinsam vereinbarten Ziele zu beurteilen. «Die Begleitung der Moderatorinnen und Moderatoren, welche diese Sitzungen zur Selbstbeurteilung leiten, können wir noch verbessern», betont die HR-Leiterin. Jede Beurteilungsrunde bietet Raum dafür, gewisse Verbesserungen am Konzept vorzunehmen. «Wir sind überzeugt, dass sich die Mitarbeitenden im Laufe der Zeit immer mehr auf die kollektive Leistungsbeurteilung Ende Jahr freuen werden.» Die verstärkte Einbindung der Mitarbeitenden in die Weiterentwicklung der Institution erfolgt gerade auch vor dem Hintergrund, dass es für die begleiteten und betreuten Menschen immer wichtiger wird, ihre Leben möglichst selbstständig und autonom führen zu können. «Um die Selbstständigkeit und Autonomie von Menschen im Alter zu stärken, braucht es vermehrt selbstverantwortliche Teams, die gemeinsam gute Lösungen erarbeiten können,» hält Direktor Christian Morard fest. «Ich bin überzeugt, dass das Konzept der kollektiven Leistungsbeurteilung den Teams hilft, Freude an ihrem Arbeitsalltag zu haben. Es fördert die Kommunikation, schlichtet Konflikte.» Christian Morard, Pflegeheimdirektor DER ANSATZ IM DETAIL Die Methode der partizipativen Führung von kollektiven Leistungen beruht auf vier Schritten: 1. Erwartungen klären: Der erste Schritt besteht in der Beschreibung der Ziele und Aufgaben sowie der Vision und Organisation jedes einzelnen Teams, ergänzt durch gemeinsame Ziele, die nach der ersten Beurteilungsrunde festgelegt werden. 2. Betrieb und Führung optimieren: Die Teams und ihre Verantwortlichen tauschen sich regelmässig über die beruflichen Leistungen, Ziele und Herausforderungen aus, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. 3. Berufliche Leistungen beurteilen: Die Beurteilung erfolgt einmal pro Jahr und besteht aus einer Sitzung zur Selbstbeurteilung der Teams (geleitet von Moderatorinnen und Moderatoren) und einer Sitzung zur Leistungsbeurteilung (geführt von den Teamleitenden). 4. Berufliche Leistungen anerkennen: Der letzte Schritt dient dazu, die Beurteilungen und Vorschläge der Führungskräfte und Teams zusammenzufassen, um Massnahmen und Projekte auszuwählen und zu priorisieren, die im Folgejahr umgesetzt werden sollen. Weitere Informationen zur Methode: ➞ www.fgonin.ch
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