Ältere Menschen koordiniert betreuen | Magazin ARTISET | 12-2024

42 Dezember I 2024 Das «Höfli», eigentlich ein stattlicher Hof, steht mitten im historischen Dorfkern von Herblingen, einer Gemeinde in der Nähe von Schaffhausen. Wohnhaus und Scheune samt Umschwung sind vor wenigen Jahren zu einem modernen Zuhause für Menschen mit Demenz umgestaltet worden. Das Erdgeschoss besteht weitgehend aus einem Gemeinschaftsraum mit Küche, der auch dem Quartier offensteht. Besonders behaglich ist dann das angrenzende Stübli mit Cheminée. Bei meinem Besuch an einem späten Vormittag im September ist es ruhig hier, das Leben spielt sich oben ab, in den beiden Wohnungen, wo je sieben Menschen mit Demenz in einer Gemeinschaft zusammenleben. In der Wohnung im ersten Stock sitzen mehrere Männer und Frauen an einem grossen Tisch, zwei Frauen sind ins Gespräch vertieft, andere Bewohnende lesen Zeitung, eine Dame beugt sich über ein Brettspiel, gemeinsam mit einem jungen Mann. Ein Herr sitzt im angrenzenden Wohnzimmer in einem grossen Ohrensessel, hört Musik und schaut zum Fenster hinaus. In der offenen Küche gleich neben dem Esstisch bereitet eine Frau, neugierig begleitet von einer Bewohnerin, das Mittagessen zu; es gibt Lachsfilet mit gratiniertem Gemüse. Ganz normaler Alltag eben. «Mit dem Höfli haben wir das Konzept der Demenzwohngruppe einen Schritt in Richtung Normalisierung weiterentwickelt», sagt Patric Gonetz. Er leitet als Co-Geschäftsführer das Schönbühl Kompetenzzentrum für Lebensqualität in der Stadt Schaffhausen, zu dem das Höfli gehört. Neben dieser dezentralen Hausgemeinschaft zählen zum «Schönbühl» zwei weitere Hausgemeinschaften für Menschen mit Demenz im Haupthaus des Kompetenzzentrums. Dort sind auch weitere Wohngruppen für pflegebedürftige ältere Menschen untergebracht, zudem befinden sich auf dem Areal in Schaffhausen zwei Häuser, die «Wohnen mit Service» anbieten. Emotionen wahrnehmen Eine wohnliche Atmosphäre schaffen, das ist im Kompetenzzentrum für Lebensqualität eine wichtige Aufgabe. «Wir sind kein Spital, sondern ein Lebensraum», unterstreicht Marcus Pohl. Er ist Geschäftsleiter Betreuung und Pflege. Die Mitarbeitenden, von denen die meisten eine Pflegeausbildung absolviert haben, verstehen sich als Alltags- und Lebensgestalter. Zu diesem Selbstverständnis gehört, dass sie keine Berufskleidung tragen, auch keine Namensschilder. «Die kompetente Pflege ist für uns selbstverständlich, die Bewohnenden sollen uns aber in erster Linie als Menschen wahrnehmen, die sie durch ihren Alltag begleiten.» Neben einer schönen Wohnumgebung wird die Lebensqualität der Bewohnenden im «Schönbühl» durch die Betreuungsarbeit positiv beeinflusst, betont Marcus Pohl, der sowohl Sozialpädagoge als auch Pflegefachmann ist. Ganz besonders wichtig sei Betreuung bei Menschen mit Demenz. «Sie brauchen grosse menschliche Nähe, viel Beziehungsarbeit, um Sicherheit und Zufriedenheit zu erleben.» Menschen mit Demenz durchleben aufwühlende Situationen, in denen der persönliche Beistand Orientierung und Geborgenheit vermitteln kann. «Ohne gute Betreuung, die Trost und Bindungssicherheit vermittelt, sind diese Menschen verloren.» Die Beziehungsarbeit müsse bei Menschen mit Demenz wesentlich über die Wahrnehmungen der Beziehung vermittelt Trost und Sicherheit Menschen mit Demenz benötigen für ihr Wohlbefinden grosse menschliche Nähe und Beistand. In den Demenzwohngruppen des Schönbühl Kompetenzzentrums für Lebensqualität in Schaffhausen hat die Betreuungsarbeit deshalb einen hohen Stellenwert. Von Elisabeth Seifert (Artiset) Gute Praxis

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