Ältere Menschen koordiniert betreuen | Magazin ARTISET | 12-2024

46 Dezember I 2024 verbringen, die mir viel Zuneigung schenken. Meine Enkeltöchter und Angehörigen besuchen mich auch regelmässig. Nebst der Hilfe durch meine Familie werde ich professionell unterstützt. Jeden Morgen hilft mir eine Pflegerin des Centre médico-social beim Waschen und Anziehen. Ausserdem trainiere ich jede Woche mit meinem Physiotherapeuten mein Gleichgewicht, und mit meiner Ergotherapeutin mache ich Aktivierungsübungen und gehe spazieren. Und einmal pro Woche besuche ich das Tageszentrum in Nyon, wo ich gemeinsam mit anderen esse und Spiele spiele. Trotzdem schleicht sich gelegentlich Langeweile ein. Vielleicht auch, weil ich vor meinem Einzug hohe Erwartungen hatte und dann merkte, dass ich vieles doch nicht mehr allein machen kann. Grundsätzlich fühle ich mich zwar gesund, aber aufgrund meiner abnehmenden Seh- und Hörkraft kann ich meinen Leidenschaften Malen und Musik nicht mehr nachgehen. Im Alltag spiele, lese und chatte ich gerne auf dem Tablet und verbringe Zeit mit den Tieren. Ich bin mit wenig zufrieden. Solange ich keine Schmerzen habe, geht es mir gut. Und hier bei meiner Tochter habe ich es wirklich schön.» Katharina Semmler, 85 Jahre, aus Aarau «Ich lebe mit meinem Mann Kurt in meinem Elternhaus in Aarau. Morgens geniessen wir die gemeinsame Zeit beim Frühstück und Zeitungslesen. Ich verbringe auch gerne gemütliche Stunden draussen im Garten. Früher habe ich sehr viel im Garten gemacht, heute fehlt mir oft die Energie. Auch in unserem grossen Haus gibt es viel zu tun, was für mich teilweise sehr anstrengend ist. Unsere Enkel unterstützen uns aber bei den Arbeiten rund ums Haus und einmal pro Woche entlastet uns meine Nichte beim Hausputz. Das Haus hält mich auf Trab und lässt mich täglich viele Treppen steigen. Obwohl ich es etwas bequemer mag, begleite ich meinen Mann Kurt ab und zu auf seinen Spaziergängen. Nachmittags fahre ich oft mit dem Bus in die Stadt und treffe auf dem Weg Nachbarinnen und Bekannte. Kurt und ich haben eine grosse Familie mit vier Kindern und sieben Enkeln. Mein Mann hält und bringt die Familie zusammen. Die gemeinsame Zeit ist uns allen sehr wichtig. So feiern wir jedes Jahr mit der ganzen Familie Weihnachten. Kurt ist immer engagiert und organisiert Ausflüge. Wir treffen uns etwa mit alten Freundinnen und Freunden aus unserer Jugendgruppe. Zudem sehe ich regelmässig meine Freundinnen aus Theaterzeiten und besuche wöchentlich eine gute Freundin. Einmal pro Monat gehen Kurt und ich an den Mittagstisch in Aarau. Dort verbringen wir gesellige Stunden mit lieben Bekannten aus der Kirchgemeinde und geniessen ein feines Essen. Für einmal muss ich nicht kochen – das entlastet mich auch. Für uns stehen starke familiäre Beziehungen und gesellige Momente mit lieben Menschen im Mittelpunkt. Kurt und ich haben wirklich ein gutes Sozialnetz, das uns unterstützt. Am meisten Freude bereitet mir das Zusammensein mit meinem Kurt. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann etwas mehr Energie für die Gartenarbeit und Unternehmungen.» Elisabeth Studer, 87 Jahre, aus Bern «Ich wohne seit 13 Jahren in einer Berner Alters- und Pflegeinstitution, zuerst mit meinem Mann zusammen. Als wir hierher kamen, ging es ihm schon sehr schlecht und auch ich war gesundheitlich angeschlagen. Bis dahin hatte ich ihn selber pflegen können, denn ich hatte früher als Krankenschwester gearbeitet. Seit seinem Tod lebe ich allein hier. Kinder habe ich keine, wir haben spät geheiratet, aber ich habe Verwandtschaft und liebe Bekannte, die neben dem Personal zu mir schauen. Wenn ich es schaffe und nicht im Bett liegen muss, gehe ich gerne nach draussen und gehe ganz langsam durch die Stadt Bern, wo ich den grössten Teil meines Lebens verbracht habe. Aufgewachsen bin ich im Emmental auf einem Bauernhof. Am Morgen lese ich ein bisschen und mache Kreuzworträtsel, diese Angewohnheit habe ich von meinem Mann. Ich kümmere mich um mich selbst, so weit das halt geht. Ich habe es gerne ordentlich und schätze es, so selbständig wie möglich zu sein. Ich habe jeweils verschiedene Arzttermine, denn mit meinen Erkrankungen muss ich gut zu mir schauen. Früher habe ich gerne genäht und gestrickt, aber für das ganze Zubehör habe ich keinen Platz mehr. Am Nachmittag haben wir häufig ein tolles Programm, etwa Turnen, Konzerte und Gedächtnisübungen – langweilig wird es mir also nicht. Ich kann aber auch gut allein sein, ohne mich einsam zu fühlen, ich brauche auch Zeit für mich. Ich habe ein grosses Vertrauen in eine höhere Macht, ich bin in einem christlichen Umfeld aufgewachsen. Ich fühle mich geborgen und gehalten, und dieses Fundament erlaubt mir jeden Tag so zu nehmen, wie er ist. Ich mache mir keine grossen Sorgen übers Alter und meine Beschwerden. Vielmehr schaue ich dankbar auf mein Leben zurück, das mir viel Gutes gebracht hat, nicht zuletzt Menschen, die für mich da sind.» Foto: Martin Bichsel Foto: Salomé Zimmermann

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