Dezember I 2024 55 Das Muggiotal und das Onsernonetal, das sind zwei idyllische, abgelegene Talschaften im Tessin. Die jüngere Bevölkerung wandert in die städtischen Zentren ab – und zurück bleiben vielfach ältere Menschen, die ihr ganzes Leben hier verbracht haben, deren Identität und Geschichte eng mit der Region verbunden ist. Wer jetzt aber meint, dass diese Menschen dort gleichsam vergessen und einsam ausserhalb der Gesellschaft leben, irrt. Besonders im 100 Seelen Dorf Monte im Valle di Muggio stehen gerade auch die älteren Menschen in einer Verbindung zur Aussenwelt, zu Menschen aus umliegenden Gemeinden, aber auch aus Mendrisio und anderen Tessiner Städten und selbst zu Besucherinnen und Besuchern aus anderen Teilen der Schweiz. Monte hat sich einen Namen gemacht, es hat im Verlauf der letzten drei Jahre Modellcharakter auf schweizerischer Ebene erlangt. Einen wesentlichen Anteil daran hat Dieter Schürch, der mit seinem Laboratorio di Ingegneria dello Sviluppo Schürch (Liss) einen Entwicklungsprozess angestossen hat. «Wir wollen das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Menschen und Gemeinschaften fördern», sagt er. Eine zentrale Rolle spielen dabei ältere Menschen, «die in unserer Gesellschaft immer wichtiger werden, weil sie immer länger leben». Umso entscheidender sei es, «die Frage nach dem Sinn älterer Menschen in unserer Gesellschaft zu stellen.» Und seine Antwort: «Ältere können Jüngere in einer Welt, die immer schneller dreht, dabei helfen, innezuhalten und eine Verbindung mit der Geschichte zu finden.» Ältere Menschen erzählen von früher Ältere Menschen, so die Überzeugung und gleichzeitig die Vision von Dieter Schürch, sollen zum Nutzen der ganzen Gemeinschaft in die gesellschaftliche Entwicklung einbezogen werden. «Wenn diese dann erleben, welche wichtigen Aufgaben sie trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch haben, gibt das ihrem Alltag einen Sinn.» In Monte ist man dieser Vision ein Stück nähergekommen. Familien oder Einzelpersonen unternehmen Ausflüge dorthin, um von den älteren Einwohnerinnen und Einwohnern Geschichten über das Leben von früher zu hören, mit ihnen an traditionellen Festen teilzunehmen, im Dorfladen nach alten Rezepten zu suchen oder in die Geschichte des Dorfes einzutauchen. Am Beginn dieser Entwicklung stand ein Forschungsprojekt, welches das Laboratorio di Ingegneria dello Sviluppo Schürch im Auftrag mehrerer Tessiner Gemeinden des Muggio und Onsernonetals sowie des Schweizerischen Seniorenrats durchgeführt hat. Mittels einer breit angelegten Umfrage versuchten Dieter Schürch und sein Team herauszufinden, wie das Leben der älteren Bevölkerung in Randregionen verbessert werden kann. Daraus resultierte eine Reihe von Empfehlungen, die von Einen Sinn im Alltag erfahrbar machen Das abgelegene Tessiner Dorf Monte im Valle di Muggio ist in den letzten drei Jahren zu einem Ort der Begegnung geworden. Eine zentrale Rolle dabei spielen ältere Menschen, die jüngeren Besucherinnen und Besuchern helfen, eine Verbindung mit der Geschichte zu finden – und durch diese Aufgabe ihren Alltag als sinnvoll erleben. Von Elisabeth Seifert (Artiset) Gute Praxis
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