Gesund und lustvoll essen Magazin ARTISET 1-2024

40 ARTISET 01/02 I 2024 Aktuell Bewohnende mit einer Demenz oder anderen geistigen Beeinträchtigungen fühlen sich besonders innerhalb von Basispflegesituationen durch die Pflegenden, Betreuenden oder durch Mitbewohnende und Besucher überfordert und gestresst. Sie reagieren dann aus ihrer Not heraus mit herausforderndem Verhalten. Die Bezeichnung «herausfordernd» ist jedoch zweideutig, weil solches Verhalten einerseits als Provokation und andererseits als Ansporn empfunden werden kann. In der Pflegewissenschaft spricht man daher zunehmend von BPSD, eine Abkürzung für «behaviorale (das Verhalten betreffende) und psychologische Symptome einer Demenz». Der Buchstabe D kann ausserdem auch für kognitive «Dekompensation» stehen. Somit ist das spezielle, aggressive bis regressive Verhalten ein normales Symptom einer Demenz oder einer kognitiven Dekompensation – genauso wie Schnupfen ein mögliches Symptom einer Grippe ist. Durch solche Umbenennungen wird der Umgang mit dem Verhalten respektive der Person jedoch nicht gleich einfacher. Es kann aber helfen, die Person in ihrer Not zu verstehen. Und genau darauf zielt eine Schulung der Fachgruppe Pflegeexperten Nord-West-Schweiz ab. Die Bewohnenden müssen in erster Linie Wertschätzung spüren. Und dies gelingt, indem ihnen die Pflegenden beispielsweise bei der Körperpflege in erster Linie das Gefühl vermitteln, «gehört, verstanden und angenommen» (Geva) zu werden. «Geva» lautet denn auch der Name des Schulungsprojekts der Fachgruppe Pflegeexperten Nord-West-Schweiz. Entwicklung von Schulungsinstrumenten Die Erarbeitung der «Geva-Verstehenshypothese» wurde von der Akademie-Praxis-Partnerschaft (APP) begleitet und gefördert. Die APP repräsentiert eine Partnerschaft zwischen dem Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel sowie den Curaviva-Verbänden Basel-Stadt und Basel Land. Die im Projekt entstandene Toolbox wurde zusammen mit der entsprechenden Schulung in einem Pilotprojekt mit sieben Pflegeteams in sechs Alters- und Pflegeheimen getestet und weiterentwickelt. Die Toolbox umfasst Werkzeuge wie eine Abklärungshilfe, um die Auslöser für das Verhalten einzugrenzen und zum Beispiel bei Schmerzen Sofortmassnahmen vorzuschlagen und einzuleiten. Der Beobachtungs- und Reflexionsbogen hilft, spezielle Situationen wie die Körperpflege als Interaktion zu sehen und zu analysieren. Hierbei unterstützt dann der Bogen «BPSD-provozierende Stressfaktoren», indem damit den Äusserungen und Verhaltensweisen Basalbedürfnisse zugeordnet werden können. Die Teilnehmenden der Pilotschulung lernten den Gebrauch der Tools. Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse Praktische Hilfe in herausfordernden Pflegesituationen Starke geistige Beeinträchtigungen bei Menschen mit einer Demenz oder schwersten Behinderungen gehen oft mit Verhaltensauffälligkeiten einher. Der Umgang damit ist für die Pflegenden, ganz besonders für die weniger gut ausgebildeten Mitarbeitenden, alles andere als einfach. Eine speziell konzipierte Schulung will sie dabei unterstützen. Von Ansgar Schürenberg*

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