Magazin ARTISET | 3 2022
16 ARTISET 03 I 2022 Im Fokus jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung und/oder Ge- schlechtsidentität, mit seinem Lebens- gepäck kommen darf und akzeptiert wird.» Viele LGBTIQ-Menschen fühl- ten sich in gemischten Gruppen weni- ger wohl und möchten nicht noch mal «zurück in den Schrank», sondern sich lieber unter ihresgleichen bewegen. Noch zu wenig sensibilisiert «Besonders in Alters- und Pflegehei- men», doppelt Christian Wapp nach, «ist das Thema Queerness noch kaum angekommen.» Das zeige die 2016 von der Lesbenorganisation Schweiz, Pink Cross und dem Transgender Network in Auftrag gegebene Studie «Sensibili- sierung von Altersinstitutionen fur LGBTI-Menschen sowie HIV+ und aidskranke Klient/innen*»: Altersinsti- tutionen hätten sich bislang wenig bis gar nicht mit dieser Bevolkerungsgrup- pe befasst und das Thema komme in der Ausbildung der Pflegenden nicht vor, lautete das ernüchternde Resultat. Zwei Drittel der Befragten kannten keine älteren LGBTIQ-Klientinnen und -Klienten, ein Viertel nahm keine speziellen Bedürfnisse von deren Seite wahr. Aus diesen Ergebnissen lasse sich folgern, dass sich queere Menschen of- fenbar bislang in den Altersinstitutio- nen moglichst unauffallig verhalten hätten, so das Fazit der Studie. «Fur trans- und intergeschlechtliche Menschen sind konventionelle Heime ein No-Go», erklärte deshalb Myshelle Baeriswyl vom Transgender Netzwerk Switzerland 2017 an der Podiumsdis- kussion «Vielfalt im Alter» der Fach- hochschule St. Gallen: «Wir haben von Kindesbeinen an Diskriminierung er- lebt und sind mit Ärzten, Psychiatern oder mit dem Gesetz im Clinch. Das alles mussen wir im Alter nicht auch noch in einem Heim haben.» Christian Wapp nickt, er hat seiner- zeit den Bericht über die Tagung ge- schrieben, diesen kürzlich wieder her- vorgeholt und festgestellt, dass die Situation heute noch nicht viel anders aussieht. «Hinzu kommt, dass die Ba- byboomer, die ihre Sexualität freier leben konnten, erst recht nicht bereit sind, sich im Alter wieder anzupassen und zu verstecken.» Eine Umfrage der Fachgruppe Alter der LGBTIQ-Orga- nisationen von 2019 zeigte, dass viele schon persönliche Erlebnisse mit Al- ters- und Pflegeeinrichtungen oder Spitex-Organisationen gemacht hät- ten, die auf eine mangelnde Sensibili- sierung schliessen liessen. Wichtig ist Offenheit für alle Die Forderung der Fachgruppe lautet deshalb: «Die LGBTIQ-Menschen wollen mit ihren spezifischen Bedürf- nissen, in ihrer Menschenwürde, ihrer gesamten Lebensgeschichte und ihrem Wesen respektiert, aufgenommen und entsprechend behandelt, betreut und gepflegt werden.» Kurz: Queere Men- schen wollen auch im Alter akzeptiert werden, wie sie sind. Umso gespannter erwartet die Queer-Community, wie sich die neue Siedlung Espenhof Nord in Zürich: So werden die Häuser aussehen, in denen 2025 unter anderem auch Wohneinheiten und Pflegeplätze für queere Menschen Platz finden. Foto: Stadt Zürich
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