Magazin ARTISET | 3 2022

ARTISET 03 I 2022 37 Bis Mitte April müssen die Pflegeinstitutionen einerseits Mitglied einer zertifizierten (Stamm-)Gemeinschaft und andererseits technisch und organisatorisch in der Lage sein, behandlungsrelevante Daten in den elektronischen Patien- tendossiers ihrer Bewohnenden ablegen und darauf zugrei- fen zu können. Wie die jährliche repräsentative Umfrage des eHealth-Barometers zeigt, haben sich derzeit rund die Hälfte der Pflegeinstitutionen einer (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen und den einige Monate dauernden Prozess bis zur Inbetriebnahme des EPD in Angriff genommen. Die Zahlen machen deutlich: Auch wenn imVergleich zumVor- jahr tüchtig Bewegung in die Sache gekommen ist, werden die gesetzlich vorgegebenen Termine längst nicht von allen Heimen eingehalten werden können. Die Gründe dafür sind vielfältig – und liegen nicht nur in der Verantwortung der Institutionen. Aufgrund von Verzö- gerungen bei der Zertifizierung der insgesamt acht (Stamm-) Gemeinschaften sowie der Coronapandemie stellten viele Spitäler und auch Heime ihre Projekte zurück. Im Verlauf des letzten Jahres ist ein grosser Teil der Zertifizierungen über die Bühne gegangen, womit die Gesundheitseinrichtungen jetzt eine Basis für ihre Planungen haben. Eine Reihe von Spitälern, die eigentlich längst mit dem elektronischen Pa- tientendossier arbeiten müssten, haben den Prozess erst jetzt abgeschlossen und das EPD in Betrieb genommen. Neben solchen Verzögerungen bedeuten für viele Heime die komplexen Anforderungen im technischen und orga- nisatorischen Bereich sowie beim Datenschutz eine grosse Hürde. Im Unterschied zu den Spitälern verfügen die Pfle- geeinrichtungen, die im Durchschnitt 60 Bewohnerinnen und Bewohner betreuen und pflegen, über entsprechend begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen. Zudem dürfte das elektronische Patientendossier bei der in aller Regel hochbetagten Klientel in den nächsten Jahren noch eher wenig nachgefragt werden. Wir haben mit zwei Insti- tutionen gesprochen, die trotz all der Schwierigkeiten und Bedenken das EPD-Projekt vor einem Jahr gestartet haben und im Anbindungsprozess weit fortgeschritten sind: zum einen mit der Zentrum Allmendhof AG in Männedorf ZH, eine Pflegeeinrichtung mit etwa 50 Bewohnerinnen und Bewohnern; und zum anderen mit der Residenz Au Lac in Biel BE, die 160 Personen mit einem breiten Mix von Dienstleistungen in begleitetenWohneinheiten und in Pfle- gewohngruppen unterstützt. Ein Portion Pragmatismus ist gefragt Tina Werro, Leiterin Zentrale Dienste der Zentrum All- mendhof AG, kennt die Herausforderungen, denen gerade die vielen kleinen Heime bei der Einführung des EPD ge- genüberstehen. Zum einen spricht sie die «hohen Kosten» an, die etwa für Lizenzen der benötigten Applikationen oder auch für die Mitgliedschaft bei einer Stammgemeinschaft anfallen. Zum anderen hält sie auch nicht hinterm Berg mit ihrer Kritik an den «vielen Vorgaben» beim Datenschutz, die allerdings nicht nur eine Folge des EPD seien, sondern auch des neuen Datenschutzgesetzes, das noch in diesem Jahr in Kraft treten dürfte. Den Kosten stehe aber auch klar ein Nutzen gegenüber, unterstreicht Werro, die beim All- mendhof gleichzeitig EDV-, Datenschutz-und EPD-Ver- antwortliche ist. Den Nutzen sieht die Expertin vor allem längerfristig. «Wir stecken mitten in der Digitalisierung unserer Prozes- se, das EPD ist ein logischer nächster Schritt.» Von den jetzigen Bewohnerinnen und Bewohnern werden wohl nur sehr wenige ein EPD eröffnen, meint Tina Werro. Mit der nächsten Generation werde sich das aber ändern. Je mehr Patientendossiers bestehen und je mehr Leistungserbringer, namentlich auch die Ärztinnen und Ärzte, am EPD an- geschlossen sind, werde sich der Nutzen, etwa die Verhin- derung von Doppelbehandlungen, voll entfalten können. «Bis sich das EPD etabliert, braucht es Zeit. Aber das ist bei einer solchen Umstellung völlig normal», sagt sie und fügt bei: «Es ist gut, dass man das jetzt auf nationaler Ebene so durchgezogen hat.» Rund die Hälfte der Pflegeinstitutionen haben sich einer (Stamm-)Gemeinschaft angeschlossen und den einige Monate dauernden Prozess bis zur Inbetriebnahme des elektronischen Patientendossiers in Angriff genommen. Die Erfahrungen von zwei Alterseinrichtungen zeigen, dass sich die Sache meistern lässt. Von Elisabeth Seifert Die Bewohnerinnen und Bewohner der Residenz Au Lac in Biel werden schon bald ihr elektronisches Patientendossier eröffnen können. Foto: Residenz Au Lac.

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