10 ARTISET 03 I 2023 kommt morgens um 7 Uhr und löst die Nachtwache ab. Diese wird in der Regel durch eine Studierende oder einen Studierenden aus dem Pflege- oder Gesundheitsbereich übernommen. Die Alltagsbegleiterin bereitet zusammen mit den bereits aufgestandenen Bewohnerinnen und Bewohnern das Frühstück vor. Um 9 Uhr stösst eine Kollegin für die Tagesschicht dazu. «Zu zweit ist es einfacher: So kann man je nach Lust der Bewohnerinnen und Bewohner separate Aktivitäten unternehmen», erklärt Marie Fournier, Leiterin der beidenWohngemeinschaften Rubis und Topaze. «Musterbeispiel einer flexiblen Organisation» Die beiden Assistenzpersonen verbringen den Tag zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und teilen sich die Aufgaben, ohne die Arbeit vorher zu planen. «Wir sind ein Musterbeispiel für eine flexible Organisation», bestätigt Marie Fournier. «Wir wissen morgens nie, wie der Tag ablaufen wird.» Es gibt auch keine externen Dienstleister. Einzige Ausnahme bildet an den Wochenenden der Mahlzeitendienst des benachbarten Pflegeheims. Die Alltagsbegleiterinnen kümmern sich um die Haushaltsaufgaben und lassen sich dabei von den Bewohnerinnen und Bewohnern helfen, ohne sie dazu zu zwingen. Niemand ist zu irgendetwas verpflichtet. Das positive Menschenbild des Teams sowie die Grundgedanken von Wahlfreiheit und Erhalt der Autonomie basieren auf der Montessori-Methode. Anstelle von therapeutischen Zielen findet man hier Spiele zumTrainieren des emotionalen Gedächtnisses, zum Stimulieren der kognitiven Fähigkeiten und für den Erhalt der Mobilität. Es kommt auch keine Spitex vorbei. Als erfahrene diplomierte Pflegefachfrau kümmert sich Marie Fournier selbst um die allenfalls erforderliche Pflege. Zum Team gehören zudem eine zweite Pflegefachfrau sowie eine Fachangestellte Gesundheit, welche die erforderliche Pflege ebenfalls gewährleisten können. Gegen 18 Uhr verlässt die erste Assistentin die Wohngemeinschaft, und sobald um 21 Uhr die Nachtwache eintrifft, auch die zweite. Ein in der Schweiz bisher noch seltenes Modell Alzheimer-Wohngemeinschaften sind in der Schweiz noch selten. Nach Einschätzung von Luis Villa nehmen sie aber unter den Wohnformen für ältere Menschen einen wichtigen Platz ein. Sie entsprechen ihrem Bedürfnis und ihren Erwartungen. Der Geschäftsführer der Fondation Saphir gesteht jedoch ein, dass es sich um ein «Nischenmodell» handelt. Wohngemeinschaften wie Topaze in Orbe und Rubis in Yverdon scheinen aus verschiedenen Gründen ein ideales Modell für das Wohnen im Alter zu sein. Bei fortschreitender Krankheit und auch kostenmässig stösst es jedoch an seine Grenzen. «Wenn die kognitiven Einschränkungen oder das Verhalten einer Person den Gruppenzusammenhalt gefährden, müssen wir für sie eine andere, geeignetere Einrichtung finden», erklärt Marie Fournier. Und gleichzeitig gilt es, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für die Wohngemeinschaft zu finden – jemanden, der nicht mehr allein leben kann, aber noch selbstständig genug ist für die Gemeinschaft. Eine weitere wichtige Einschränkung sind die Kosten. Laut dem Geschäftsführer der Fondation Saphir, Luis Villa, ist monatlich mit 1000 bis 1500 Franken mehr zu rechnen als im Pflegeheim. Grund dafür sind zumTeil Im Wohnzimmer der Wohngemeinschaft: Zwei der sechs Bewohnenden widmen sich, zusammen mit einer Assistenzperson, dem Kartenspielen. Foto: amn
RkJQdWJsaXNoZXIy MTY2NjEzOQ==