ARTISET 03 I 2023 15 Im Fokus Die Seniorenresidenz Les Hirondelles in Clarens VD verfügt über eine klassische Pflegeabteilung, begleitet zudem älter werdende Menschen mit psychischen Problem aller Art sowie Betagte mit demenziellen Erkrankungen und ermöglicht einen Kurzaufenthalt oder eine Tagesbetreuung: Diese vielfältigen Aufgaben stellten die Planer der 2019 eröffneten Institution vor eine Herausforderung. Von Anne-Marie Nicole Vielfältige Dienstleistungen – eine Architektur Les Hirondelles – Die Schwalben. Was für ein passender Name. Die Seniorenresidenz befindet sich in Clarens, ganz in der Nähe des Genfersees und von Montreux. Entstanden ist sie aus der ehemaligen Fabrik Béard, einem industriellen Aushängeschild der Region, das vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zu seiner Schliessung 2007 Silberwaren und andere Artikel aus rostfreiem Stahl für die Hotellerie herstellte. Im Jahr 2013 wurde die Fondation Claire Magnin gebeten, das Gebäude zu übernehmen und zu einem Dienstleistungszentrum für Menschen im Alter umzunutzen. Unter demVordach des Gebäudes ist jedoch seit je die grösste Schwalbenkolonie der Region zu Hause. Also passte die Bauherrin in Absprache mit den Tierschützerinnen und -schützern den Zeitplan für den Umbau der ehemaligen Fabrik so an, dass er die Brutzeit der Schwalben zwischen März und September berücksichtigte. Zudem verpflichtete sie sich dazu, rund 100 Nester anzubringen. Seit der Eröffnung der Residenz im Jahr 2019 herrscht zwischen den Schwalben und den älteren Menschen ein harmonisches Miteinander. Sich änderende Bedürfnisse berücksichtigen Der Umbau und die Umnutzung des Gebäudes waren jedoch nicht ganz einfach. «Eine Fabrik und eine Pflegeinstitution sind in ihrer Funktionsweise gänzlich verschieden», betont Stéphane Cottet, Architekt des Projekts, Leiter des Büros Dias-Cottet Architectes und seit 2020 auch Mitglied des Stiftungsrats der Fondation Claire Magnin. Obwohl es seiner Meinung nach einfacher und kostengünstiger ist, ein bestehendes Gebäude abzureissen und neu zu bauen, meisterte er die Herausforderung durch die Verbindung von Geschichte und Modernität mit «Respekt und Demut». Er erklärt: «Wir hatten nicht völlig freie Hand. Wir mussten die Geschichte und die industrielle Architektur der Fabrik berücksichtigen, ohne die Struktur zu verändern.» Durch die Sanierung des Industriegebäudes erreichte die Fondation Claire Magnin das Ziel, mehrere verschiedene Dienstleistungen unter einem Dach zu vereinen und damit den sich verändernden Bedürfnissen der begleiteten Personen – insgesamt über 100 Menschen im Alter – gerecht zu werden. Das ursprünglich dreistöckige Gebäude in U-Form blieb bestehen und wurde um zwei zusätzliche, modern anmutende Geschosse aufgestockt. Diese schliessen das U und schaffen einen offenen Innenhof. Als Anspielung auf die ehemalige Funktion des Gebäudes sind die Fassaden des Anbaus mit Leichtmetallplatten verkleidet. Die Umnutzung erforderte eine intensive Zusammenarbeit mit den Ingenieurinnen und Ingenieuren. So waren Abklärungen zu verschiedenen Bausystemen vorzunehmen, um das bestehende, statisch nicht sehr tragfähige Skelett nicht zu schwächen. Der Haupteingang der Seniorenresidenz Les Hirondelles führt in einen grossen, lichtdurchfluteten Raum
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