54 ARTISET 03 I 2024 Politische Feder Häusliche Gewalt betrifft auch ältere Menschen «Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben ohne Gewalt, sowohl in der Öffentlichkeit als auch zu Hause, egal ob jung oder alt.» Jacqueline de Quattro, Waadtländer FDP Nationalrätin. Foto: zvg In der Schweiz ist jedes fünfte Opfer eines Femizids im Rentenalter. Zwischen 2013 und 2022 wurden 39 Seniorinnen von einem Angehörigen getötet. Solche Dramen sind noch zu wenig bekannt, denn häusliche Gewalt im Alter ist nach wie vor ein Tabuthema und wird selten gemeldet. Alle zwei Wochen stirbt eine Frau. Und laut Bundesamt für Statistik wurden im Jahr 2022 rund 20 000 Straftaten im häuslichen Bereich verzeichnet. Viele Opfer werden von der Statistik gar nicht erfasst, da sie aus Angst oder Scham schweigen. Unter häuslicher Gewalt – sei sie körperlicher, sexueller oder psychischer Natur – leiden vor allem Frauen, aber auch Männer und Kinder. Sie betrifft alle sozialen Schichten und alle Generationen. Damit muss Schluss sein, die Gesetzgebung muss sich ändern. Im Jahr 2021 habe ich zusammen mit meiner Kollegin Léonore Porchet im Nationalrat eine parlamentarische Initiative eingereicht. Diese will die Opfer besser schützen und die Arbeit mit gewaltausübenden Personen verstärken, um die Rückfallgefahr zu minimieren. Ich fordere den Bund dazu auf, sich am Gesetz zu orientieren, das ich 2017 als Staatsrätin des Kantons Waadt erarbeitet habe. Die von Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus allen Parteien unterstützte Initiative beruht auf zwei Prinzipien: «Wer schlägt, geht» und eine bessere Begleitung der Opfer und der gewaltausübenden Personen. Ein Instrument, das sich als wirksam erwiesen hat: Im Kanton Waadt hat sich die Zahl der Rayonverbote verzehnfacht. Bisher werden diese Prinzipien jedoch nur in den Westschweizer Kantonen sowie in St. Gallen, Nidwalden und Obwalden angewandt. Deshalb beantrage ich, sie im Zivilgesetzbuch festzuschreiben, damit alle Kantone die sofortige Ausweisung der gewaltausübenden Person aus der gemeinsamen Wohnung verfügen müssen. Dies würde der doppelten Strafe der Verletzten ein Ende setzen, denn sie sind Opfer von Gewalt und müssen zudem ihre eigene Wohnung verlassen, während die gewaltausübende Person dort bleiben kann. Die beiden Kommissionen für Rechtsfragen der Eidgenössischen Räte haben das Anliegen verstanden und meiner Initiative Folge geleistet. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben ohne Gewalt, sowohl in der Öffentlichkeit als auch zu Hause. Egal ob jung oder alt.
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