ARTISET Magazin | 4-5 2022

ARTISET 04/05 I 2022  17 schlicht die Kapazitäten. Teils sind psy­ chische Probleme aber auch ein heikles Thema, und viele wissen nicht so recht, wie sie es ansprechen sollen. Dabei ist es enorm wichtig, dass die Berufsverbände diese Unterstützung selber anbieten wol­ len, denn wir können sie ihnen nicht aufzwingen: Es braucht die Betriebe, die das dann tragen und umsetzen. So gesehen, wird das Ausbilden eine immer anstrengendere Auf­ gabe. Tatsächlich vergessen wir oft, dass Betriebe nicht in erster Linie die Ausbildung zur Aufgabe haben, sondern vor allem pro­ duzieren müssen. Trotzdem bieten die Kleineren und Mittleren Unternehmen, die KMU, 70 Prozent aller Lehrstellen an, und sie machen das meist sehr gut. Aber längst nicht alle sind psychologisch, pädagogisch und didaktisch gebildet. Bürdet man ihnen jetzt eine zusätzliche Last auf, indem man ihnen die ganze Verantwortung und die teils aufwendige Betreuung von psychisch kranken Jugend­ lichen überlässt, werden einige ihre Kon­ sequenzen ziehen und einfach nicht mehr ausbilden. Was also brauchen die Ausbilden­ den zur Unterstützung? Wir müssen ihr Bewusstsein dafür stärken, dass sie eine wichtige Funktion inne­ haben: Es liegt in ihrer Hand, ob Jugend­ liche nicht nur arbeitsmarktfähig ge­ macht werden, sondern auch einen Berufsstolz entwickeln und Topqualität liefern wollen. Deshalb müssen wir sehr aufpassen, dass wir dieses gute System nicht an die Wand fahren. Sehr wichtig für die Lehrbetriebe wäre eine offizielle, branchennahe Anlaufstelle, die einheit­ lich, unkompliziert und rasch funk­ tioniert, anstelle der heutigen 26 gut­ schweizerischen Varianten. Am besten wäre eine Anlaufstelle, die vom Berufs­ verband gestellt wird, damit die Beraten­ den auch die branchenübliche Sprache und Probleme kennen. Und was auf der anderen Seite benötigen psychisch belastete Jugendliche? Oft ist für sie die zeitliche und emotionale Belastung einer normalen Lehre zu gross. In zwei Jahren Covid hat die Resilienz vieler Jugendlicher enorm gelitten, viele haben besondere Bedürfnisse und brau­ chen mehr Zeit. Daher müsste es eigent­ lich eine individualisierte Berufslehre geben. Allerdings ist das einfacher gesagt als getan. Nehmen wir einen Handwer­ ker mit seinem Betrieb, der seine Christine Davatz, frischpensionierte frühere Vizedirektorin des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv TAGUNG DER BEIDEN BRANCHEN- VERBÄNDE INSOS UND YOUVITA: «Erfolgreich von der Schule in die Lehre mit einer psychischen Beeinträch­ tigung»: Fachtagung vom 12. Mai 2022, 8.30 bis 16.15 Uhr, Landhaus, Land­ hausquai 4, Solothurn. Info und Anmeldung:

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