ARTISET Magazin | 4-5 2022

ARTISET 04/05 I 2022  19 «Für Absenzen wegen psychischer Probleme ist kein Platz» Andrea H. Ich bin immer gut in der Schule gewesen. Nur habe ich durch meine psychische Erkrankung ziemlich Mühe bekommen. Nach der Schule habe ich eine KV-Ausbildung bei einer Gemeindekanzlei begonnen. Aber ich bin ich überfordert gewesen. Ich habe den Switch zwischen Arbeit und Schu- le nicht hinbekommen. Durch den Stress und die hohen Anforderungen ging es mir psychisch schlechter. Im « ersten Arbeitsmarkt ist nicht viel Platz für Absenzen wegen psychischer Prob- leme. Dann bin ich zur VEBO gekom- men. Im Moment läuft meine Lehre hier sehr gut. Sie nehmen Rücksicht. Ich arbeite 80 Prozent und habe zwei- mal die Woche Therapie. Ich merke, dass ich viele Probleme habe, die im ersten Arbeitsmarkt keinen Platz hät- ten. Ich fühle mich definitiv noch nicht parat für den ersten Arbeitsmarkt. An der Tagung der Verbände Insos und Youvita vom 12. Mai im Solothurner Landhaus werden diese Statements zusammen mit Stellungnahmen wei- terer Jugendlicher präsentiert. * Die beiden junge Menschen möchten nur mit dem Vornamen genannt werden. Den richtigen Beruf und den passenden Lehrbetrieb zu finden – das ist für Jugendliche mit einer psychischen Beeinträchtigung nicht einfach. Dies Erfahrung haben auch die Lernenden Andrea H. und Jeremy S.* gemacht. Sie erzählen, was ihnen bei der Suche nach der Lehrstelle und beim Einstieg in die Lehre besonders geholfen hat. Aufgezeichnet von Jenny Nerlich Anderen Jugendlichen mit einer psy- chischen Beeinträchtigung würde ich empfehlen, dass sie einen Betrieb fin- den, bei dem sie ein gutes Gefühl haben und wo es jemanden gibt, mit dem sie reden können. Andrea H. ist 22 Jahre alt undmacht derzeit eine EFZ-Ausbildung zur Kauffrau bei der VEBO Genossenschaft. Sie ist im ersten Lehrjahr. » Jeremy S. In der Schule lief es recht gut, aber ich hatte ein bisschen Mühe mit dem Konzentrieren. Mir wurde ADS diagnostiziert. Das hat es mir nicht ein- fach gemacht, weil ich langsamer gewe- sen bin als meine Mitschüler. Ich habe lange gesucht, bis ich den richtigen Be- ruf gefunden habe. Ich habe in verschie- denen Bereichen geschnuppert. Das war sehr interessant und auch wichtig. Dann bin ich zum Konstrukteur gekommen. Es ist genau das, was ich gut kann. Mo- mentan läuft es bei mir in der Lehre gut. Das Problemmit demKonzentrieren ist immer noch da. Manchmal ist es schlim- « mer, manchmal ist es weniger schlimm. Der Übergang von der Schule zur Lehre ist bei mir recht gut gegangen. Was ich als Nachteil empfunden habe, ist der krasse Unterschied zwischen Schule und Arbeit. Man wird am Anfang ins kalte Wasser geworfen. Aber ich habe von den Lehrpersonen Unterstützung bekom- men. Und ich habe auch eine Person gehabt, diemit mir zusammen alles koordiniert und organisiert hat. » Jeremy S. ist 17 Jahre alt und macht eine EFZ-Lehre zum Konstrukteur bei der Stiftung Brändi. Er ist im ersten Lehrjahr.

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