Fachkräfte gewinnen und behalten

ARTISET 04/05 I 2023 25 Lernen erfordert Ruhe. Wer sich auf eine Sache konzentrieren will, benötigt ein passendes Umfeld. Viele junge Menschen, die sich in Ausbildung befinden, erleben den Alltag jedoch als belastend und hektisch. Das gilt besonders in der Pflege, die stark vom Fachkräftemangel betroffen ist. «Den Lernenden fehlt im Berufsalltag oftmals die Zeit, um bestimmte Themen zu vertiefen», sagt Karin Schnellmann, Leiterin Bildung bei Domicil. Das Unternehmen bietet im Grossraum Bern, Biel und Thun an 23 Standorten Angebote für das Wohnen und Leben im Alter. Von der umfassenden Pflege, über Wohnen mit Dienstleistungen, bis hin zu Tagesbetreuung und Kurzaufenthalten wird ein breites Spektrum abgedeckt. In den verschiedenen Häusern wirken auch Lernende tatkräftig mit. «Wir bieten über 200 Ausbildungsplätze in unterschiedlichen Berufen an», so Karin Schnellmann. 170 davon sind in der Pflege angesiedelt. Die Auszubildenden spielen im Alltag eine tragende Rolle. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist es zudem bedeutsam, Lernende professionell zu begleiten und zu fördern. Domicil hat mit dem Lernatelier ein neues Angebot entwickelt, das Menschen in Ausbildung gezielt unterstützt. Lerntechniken entwickeln und Prüfungsangst abbauen Karin Schnellmann vergleicht das Lernatelier mit einer «Insel» – ein Ort, an demman verweilen und mental auftanken kann. Dieser Raum befindet sich am Hauptsitz von Domicil in Bern. An zwei bis drei Halbtagen im Monat können Lernende, die Unterstützung benötigen, das Angebot während der Arbeitszeit nutzen und an individuellen Themen arbeiten. Die einen beschäftigen sich mit Lerntechniken oder schreiben ein Lernjournal, die anderen bereiten sich auf eine Prüfung vor. Auch die Reflexionsfähigkeit oder Prüfungsängste werden eingehend besprochen. Dazu kommen klar definierte Anliegen, wie etwa die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Krankheitsbild. «Wir arbeiten mit den Teilnehmenden an ihren Vorhaben und orientieren uns an ihrem Lernbedarf», erklärt die Leiterin Bildung. Ein Thema ist immer wieder die Sprache, was darauf zurückzuführen ist, dass unter den Lernenden 41 Nationen vertreten sind. Didaktisch greifen die Verantwortlichen auf verschiedene Methoden zurück: Dazu zählen Einzelaufträge, Gruppenarbeiten, Fachgespräche, Referate, praktisches Üben oder das Vertiefen von Handlungen. Auch eine Entlastung für Berufsbildende Voraussetzung für eine Teilnahme ist in erster Linie die Motivation. «Wer das Angebot nutzen will, muss einen Sinn darin sehen», betont Karin Schnellmann. Die Anmeldungen erfolgen jeweils durch die Berufsbildungsverantwortlichen der verschiedenen Betriebe. Auf dem Anmeldeformular beschreiben sie, in Absprache mit den Lernenden, welche Themen behandelt und welche Ziele erreicht werden sollen. Ausserdem schätzen die Berufsbildungsverantwortlichen das Lernpotenzial der teilnehmenden Person in den Bereichen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz ein. Das neue Angebot dient zwar in erster Linie den Lernenden, doch auch die Bildungsverantwortlichen und Berufsbildenden profitieren davon. «Es macht Sinn, fachliche sowie persönliche Themen ausserhalb der Schule und des Lehrbetriebs, an einer neutralen Stelle, bearbeiten zu können», schreibt eine Berufsbildnerin in einem Feedback. Im Alltag würde ihr schlicht die Zeit fehlen, um Lernenden diese Form der Unterstützung zu bieten. Das Angebot sei somit enorm entlastend. Austausch unter Lernenden verschiedener Berufe Der Projektstart erfolgte im April 2022. Bisher haben pro Nachmittag jeweils vier bis acht Lernende teilgenommen. Die Mitarbeitenden des Fachbereichs Bildung begrüssen die Lernenden im Plenum, sodass sie sich gegenseitig kennenlernen und ihre persönlichen Lernziele offenlegen können. Währenddem sich die einen im ersten Semester der Ausbildung befinden, stehen die anderen kurz vor dem Lehrabschluss. Auch sind unterschiedliche Berufe in der Gruppe vertreten. Karin Schnellmann sieht in dieser Durchmischung ein Potenzial, wie sie sagt: «Der Peer-Austausch trägt dazu bei, dass die Teilnehmenden voneinander lernen.» Die Verantwortlichen haben das Angebot inzwischen erstmals ausgewertet und mehrere Lernende befragt, «Wir arbeiten mit den Teilnehmenden an ihren Vorhaben und orientieren uns an ihrem Lernbedarf.» Karin Schnellmann, Leiterin Bildung bei Domicil Bern

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