Fachkräfte gewinnen und behalten

ARTISET 04/05 I 2023 3 Editorial «Die Krise auf dem Arbeitsmarkt kann eine Chance sein, sich als Institution und als Arbeitgeber weiterzuentwickeln.» Elisabeth Seifert, Chefredaktorin Liebe Leserin, lieber Leser «Das Schweizer Gesundheitswesen ist am Anschlag», «Spitäler und Pflegeheime suchen verzweifelt nach neuem Personal»: Wir alle kennen solche Schlagzeilen – und für viele von Ihnen sind sie bittere Realität. Auch wenn gemäss Statistiken der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen am deutlichsten ausgeprägt ist – eine Herausforderung ist die Suche nach geeignetem Personal derzeit in diversen Branchen. Auch im Sozialbereich, wo insbesondere stationäre Leistungserbringer auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr so einfach fündig werden. Die Gründe für den Personalmangel sind vielfältig, und der Mangel dürfte nicht so schnell vorbei sein: Im Verlauf der nächsten Jahre wird die Babyboomer-Generation pensioniert und es rücken weniger junge Leute nach. Bei den Jüngeren zeichnet sich zudem ein Wertewandel ab und die Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung, was die Personalsuche für Heime und Institutionen, die ihre Angebote rund um die Uhr erbringen, zusätzlich erschwert. Um im Gesundheits- und Sozialbereich die Attraktivität als Arbeitgeber zu fördern – und damit die Lebensqualität der begleiteten Menschen zu sichern –, braucht es das Engagement aller Akteure: des Bundes, der Kantone und der Leistungserbringer. Monika Weder, Leiterin von Artiset Bildung, macht dies im Interview deutlich (Seite 10). Zwecks einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen sei man namentlich im Pflegebereich, wo aufgrund der älter werdenden Gesellschaft viele zusätzliche Fachkräfte nötig sind, zwingend auf eine höhere Finanzierung angewiesen. Ganz besonders gefordert sind die Arbeitgebenden selbst. Die Berichte in unserem Fokus über Institutionen aus allen Unterstützungsbereichen zeigen auf, was Leistungserbringer selbst tun können, um Pflegende und Betreuende zu finden – und diese auch zu halten. Wie diese Beispiele deutlich machen, kann die Krise auf dem Arbeitsmarkt eine Chance sein, sich als Institution und als Arbeitgeber weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse anzupassen. Auch wenn Löhne und gute Sozialleistungen sicher eine Rolle spielen, punkten Arbeitgebende auch mit anderen Faktoren: Wie ein roter Faden zieht sich durch unsere Institutionenporträts die Bedeutung eines guten Betriebsklimas und der Wertschätzung. Diese zeigen sich bereits im respektvollen, freundlichen Umgang miteinander, in der Vergünstigung von Produkten und Dienstleistungen oder in der Organisation geselliger Events. Zeichen von Wertschätzung sind aber auch die Beratung in persönlich schwierigen Situationen, gute Aus- und Weiterbildungsangebote sowie eine individuelle Laufbahnplanung. Ein weiterer zentraler Aspekt für die Attraktivität als Arbeitgeber ist eine vorausschauende Einsatzplanung, die, wenn immer möglich, auch individuelle Bedürfnisse berücksichtigt. In Fragen der Dienstplanung, aber auch generell, punkten Arbeitgebende bei ihren Mitarbeitenden, wenn diese – gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern – den Betrieb mitgestalten können. Ein hierarchisches Führungsverständnis entspricht deshalb nicht mehr den Werten der jüngeren Generation. Titelbild: Die Lebensqualität der Bewohnenden ist abhängig von der Arbeitsplatzqualität der Pflegenden und Betreuenden. Foto: Lindenhof

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