ARTISET 04/05 I 2023 35 auch im Kontakt mit dem Spital und dem Arzt oder der Ärztin selbstbewusst auf ihr EPD. Das Patientendossier stärke die Selbstbestimmung, so Isabelle Kuhn und fügt schmunzelnd bei: «Wir stellen immer wieder fest, wie Bewohnende gegenüber den Leistungserbringern eigentliche Aufklärungsarbeit für das EPD leisten.» Hohe Anbindungsquote in einzelnen Regionen Es dürfte in der Schweiz zurzeit wenige Pflegeheime geben, die das EPD so aktiv bewerben und nutzen wie Les Mouilles in Petit-Lancy und der Lindenhof in Oftringen. Gut zwei Drittel aller Heime sind noch nicht einmal an das EPD angeschlossen, verfügen also gar nicht über die Voraussetzungen, mit dem EPD zu arbeiten. Ähnliches trifft im Übrigen auch auf Spitäler, Rehakliniken und Psychiatrien zu, von denen ebenfalls eine Mehrheit noch keine Anbindung ans EPD hat. Sowohl Pflegeheime also auch Spitäler wären dabei – im Unterschied zu einem grossen Teil der ambulanten Leistungserbringer – seit geraumer Zeit vom Gesetz her dazu verpflichtet. Auffallend ist indes, dass bei der Anbindungsquote grosse regionale Unterschiede bestehen. Zuständig für sämtliche Aktivitäten rund um das EPD, sowohl für die Anbindung der Leistungserbringer als auch für die Eröffnungsmodalitäten eines Dossiers durch Patientinnen und Patienten, sind acht (Stamm-)Gemeinschaften. Dabei handelt es sich um regionale respektive überregionale Zusammenschlüsse von Leistungserbringern. Träger dieser als Vereine oder Verbände organisierten (Stamm-)Gemeinschaften sind teilweise die Kantone. Auf dem Gebiet der Stammgemeinschaft Cara, welche die Kantone Genf, Waadt, Wallis, Fribourg und Jura umfasst, sind praktisch alle Spitäler und Kliniken und auch alle Pflegeheime ans EPD angebunden. Gleiches gilt für den Kanton Aargau, demTätigkeitsgebiet der Stammgemeinschaft Emedo. Andere Regionen der Schweiz sind bedeutend weniger weit. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg des EPD sind denn auch die Kantone. «Die Unterstützung der Kantone sind einer der Erfolgsfaktoren dafür, dass Leistungserbringer sich anbinden», sagt Isabelle Gassmann, Verantwortliche für Information und Befähigung bei eHealth Suisse. Für die Kantone, die hinter der Stammgemeinschaft Cara stehen, ist das EPD Teil ihres Service public. Wie Daniel Rohrer, operativer Direktor von Cara, ausführt, übernehmen die Kantone deshalb praktisch alle Kosten, die für die Leistungserbringer entstehen. So müssen diese keine Gebühren für die Mitgliedschaft bei der Stammgemeinschaft zahlen. Kostenlos für die Leistungserbringer ist auch der Zugang zur Webportal-Lösung einschliesslich der dafür nötigen Schulungen fürs Personal. Kostenpflichtig sei einzig, wie Daniel Rohrer betont, die Einrichtung der Integrationslösung, über die derzeit aber erst wenige Institutionen verfügen. Der Anschluss an das Webportal sei zudem aufgrund der Online-Dienstleistungen von Cara schnell und einfach zu bewältigen. Im Kanton Aargau müssen die Leistungserbringer zwar für die Mitgliedschaft bei der Stammgemeinschaft Emedo einen Beitrag entrichten, darin sind dann aber sämtliche Dienstleistungen rund um den Anschluss an das Web-Portal der Stammgemeinschaft eingeschlossen. Ähnlich wie bei Cara ist auch hier der Anbindungsprozess rasch und unkompliziert zu bewältigen. «Emedo ist hochautomatisiert und digital», betont Emedo-Geschäftsführer Nicolai Lütschg. Er spricht damit etwa auf den digitalen Anbindungsvertrag sowie die eLearnings für das Personal an. Und sollte ein Leistungserbringer dennoch Probleme haben, dann bietet Emedo kostenlose Unterstützung an. Das EPD wird – noch – kaum genutzt Obwohl sich in der Westschweiz und im Aargau praktisch alle Leistungserbringer, die vomGesetz her dazu verpflichtet sind, an das EPD angeschlossen haben, wird dieses noch wenig genutzt. Schweizweit gibt es derzeit gerade mal rund 18000 EPDs, viele davon im Kanton Genf, wo aufgrund des kantonalen Vorgängerprojekts, dem «mon dossier médical», eine lange Tradition besteht. Besonders wenige Dossiers sind bis jetzt von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen eröffnet worden. «Das EPD ist ein Jahrzehnteprojekt und lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren», sagt André Rotzetter. «Wir stellen immer wieder fest, wie Bewohnende gegenüber Leistungserbringern eigentliche Aufklärungsarbeit für das EPD leisten.» Isabelle Kuhn, stellvertretende Geschäftsführerin des Lindenhofs in Oftringen AG
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