Fachkräfte gewinnen und behalten

48 ARTISET 04/05 I 2023 Aktuell Das Leben in der Wohngemeinschaft Aemisegg in St. Peterzell SG wurde nach soziokratischen Prinzipien neu gesaltet. Partizipation und Mitsprache haben einen hohen Stellenwert im Alltag der Mitarbeiten und der sechs Bewohnenden, die mit verschiedenen kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen leben. Von Christine Krämer* Entscheide gemeinsam treffen Alle leisten einen Beitrag zum gemeinsamen Wohnen, haben ihre Aufgaben im Haus oder für die Gemeinschaft. Sei dies im Bereich des ausgebauten Gästezimmerangebots oder in der Landwirtschaft. Frühstück und Abendessen bereiten die Bewohnerinnen und Bewohner selber zu, das Mittagessen wird von einer Fachperson zusammen mit einem Bewohner oder einer Bewohnerin vorbereitet und dann gemeinsam eingenommen. Die sechs Bewohnerinnen und Bewohner werden nur noch während drei Stunden pro Tag durch eine Fachperson professionell begleitet. Ergänzend haben alle Bewohnerinnen und Bewohner eine Bezugsperson aus der freiwilligen Arbeit. Diese Person begleitet sie vor allem bei Freizeitaktivitäten. Überhaupt ist das Umfeld in der Wohngemeinschaft Aemisegg noch vielfältiger und inklusiver geworden: In der zusätzlich neu eingebauten Wohnung lebt ein Paar. Im Gästehaus übernachten regelmässig Pilger sowie Bed-andBreakfast-Gäste, welche die besondere Atmosphäre schätzen. Die grosse Veränderung Auf der Aemisegg prägt Empowerment schon lange das Konzept. Nach der positiven Erfahrung, das Angebot «Pilgerzimmer» zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern umzusetzen, war klar, den Veränderungsprozess hin zu einer noch eigenständigeren, weniger personalintensiven Wohngemeinschaft ebenfalls gemeinsammit den Bewohnenden zu gestalten. Das Anliegen, den Partizipationsprozess strukturiert anzugehen, führte Mägi Knaus, Leiterin der Institution, zur Soziokratischen Kreisorganisationsmethode (SKM). Der Veränderungsprozess wurde von Christine Krämer, Leiterin von The Sociocracy Group (TSG) Schweiz, begleitet. Klar war, dass der Partizipationsprozess zuerst im Team gestartet werden soll, um später die Bewohnenden darin zu unterstützen. Auch im sogenannten Teamkreis ist es ein Lernprozess, sich stärker mit der eigenen Meinung einzubringen. Im nächsten Schritt wurde der Bewohnendenkreis eingeführt, ein Herzstück im Veränderungsprozess. Hier ging es zuerst darum, dass die Bewohnerinnen und Bewohner lernten, ihre Bedürfnisse in der Gruppe zu artikulieren. Darauf folgte die Einrichtung des Allgemeinen Kreises, in dem Vertreterinnen und Vertreter der drei Unterkreise teilnehmen, des Bewohnendenkreises, des Teamkreises und des Landwirtschaftskreises. Im Allgemeinen Kreis wurden die Veränderungen konkret geplant. Gerade auch die Vertretung der Bewohnenden erkannte schnell, was sich verändern soll und welche räumlichen Auswirkungen dies zum Beispiel haben würde. Das Reden im Kreis Mit besonderer Sorgfalt haben die Verantwortlichen die erste Kreisversammlung der Bewohnenden vorbereitet, an der alle teilgenommen haben. Zunächst

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