Das Wohlbefinden fördern – ohne Medikamente Magazin ARTISET

ARTISET 04/05 I 2024 13 Im Fokus Sie mögen unscheinbar wirken. Doch oft sind sie es, die im Alltag der Stiftung MitMänsch Oberwallis den entscheidenden Unterschied machen: Angebote wie Snoezelen, Basale Stimulation, Bällchenbad, Reiten, Schwimmen, Musizieren oder Malen. Sie ermöglichen es Kindern wie Erwachsenen, Körper und Gefühle besser wahrzunehmen, zu entspannen und schiere Lebensfreude zu erleben. Ein Besuch im Oberwallis. Von Barbara Lauber Umgeben von Hunderten farbiger Bällchen schliesst Enea die Augen, steckt den Daumen in den Mund und wird still. Noemi Sieber lächelt und streicht ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. «Normalerweise greift Enea sofort nach gelben Bällchen, wirft sie herum und lacht», erzählt die Heilpädagogin. Doch Enea hatte am Vortag einen schweren epileptischen Anfall. «Nach solch heftigen Erlebnissen können Kinder im Bällchenbad entspannen und zur Ruhe kommen. Hier dürfen sie einfach sein, ohne Angst, ohne Gefahr. Die Bällchen drücken sanft auf den Körper, geben Halt und erlauben es loszulassen.» Flexibel anpassbare Angebote Je nach Kind und Tagesform erlebt Noemi Sieber im grossen Bällchenbad der Heilpädagogischen Schule von MitMänsch Oberwallis wildes Herumtoben, konzentrierte Lernsequenzen, fokussierte Körpertrainings oder spontane Entspannungsrunden. Die Bällchen mögen banal wirken, ermöglichen der Heilpädagogin jedoch unterschiedlichste Trainingsangebote, die sie flexibel den Bedürfnissen der Kinder anpasst. So auch bei Enea. «Enea spricht nicht, sitzt fast immer im Buggy, gibt Dinge nicht gerne aus der Hand oder wirft sie weg. Im Bällchenbad übt er unkompliziert, selbstständig zu sitzen und mit mir zu kommunizieren, und lernt, Bälle zu geben und zu nehmen, ohne sie wegzuwerfen.» Wach wird Enea erst im Kirschsteinbad. Dort gleiten seine schmalen Hände wieder und wieder durch die trockenen, leise klackernden Kirschsteine – bis er sich auf einmal aufrichtet und mit einem Juchzen Steine ins Zimmer wirft. Ein Lachen erhellt sein Gesicht, und auch Noemi Sieber lacht: «Es ist eindrücklich zu erleben, wie dieselben Angebote je nach Kind Entspannung, Konzentration oder Wachheit auslösen.» Eine echte Wahl bieten Bällchen- und Kirschsteinbad sind nur zwei von knapp einem Dutzend nicht-medizinischer Angebote von MitMänsch Oberwallis, die den Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen sowie Seniorinnen und Senioren mit teilweise schwerer kognitiver und körperlicher Beeinträchtigung offenstehen. Sie sind längst fester und unverzichtbarer Bestandteil des institutionellen Alltags und machen nicht selten einen entscheidenden Unterschied in der Begleitung. Sie reichen von wöchentlichen Angeboten wie Schwimmen, therapeutischem und pädagogischem Reiten, Musizieren, Snoezelen und Basaler Stimulation bis hin zu ausserordentlichen Angeboten wie Malen, Yoga oder Wellness-­ Wochenenden in der Wohngruppe. «Wir entwickeln unsere Angebotspalette laufend weiter», sagt Direktorin Alexandra Horvath. «Unsere Maxime ist: Alles, was den Menschen in unserer Stiftung nützt und dient und was wir finanzieren können, nehmen wir auf.» Und Stiftungsratspräsidentin Nicole Ruppen ergänzt: «Wir wollen den begleiteten Menschen vom Kleinkindalter bis ins hohe Seniorenalter Vielfalt und Auswahl bieten. Sie sollen sich ein Leben lang vielfältig ausprobieren können und entdecken, was ihnen guttut, was sie stärkt und ihnen Freude macht.» Lebensfreude und Entspannung Lauter und leiser Freude und Körperlichkeit begegnet man an diesem Tag bei MitMänsch Oberwallis immer wieder. Im Esssaal am Standort Steg beispielsweise, wo fünfzehn Personen zu dröhnender Schlagermusik voller Inbrunst Rasseln schwingen, auf Trommeln hauen oder in die Hände klatschen. Im Treppenhaus in Brig-Glis, wo eine Gruppe Kinder sich kichernd Farbe an die Hände schmiert und Blumen an die Fenster malt. Beim heilpädagogischen Reiten, wo ein Mädchen seine Arme um den Pferdehals schlingt und ihre Nase sanft ins Fell drückt. Oder im Snoezelraum, wo sich eine Bewohnerin der Briger Senioren-Wohngruppe ins warme Wasserbett legt und mit einem zufriedenen Brummen die Augen schliesst. Ihre Betreuerin legt der Seniorin eine Wolldecke über die Beine, dimmt das Licht und macht den Lichterhimmel

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