Partizipative Führung hat Zukunft | Magazin ARTISET | 6 2022

18  ARTISET 06 I 2022 Im Fokus Veränderungen zu begleiten, ist ein jahrelanger Prozess. Céline Desmarais, Professorin der Hochschule für Wirt­ schaft und Ingenieurwissenschaften des Kantons Waadt, begleitet die wissenschaftliche Evaluation des Pilot­ projekts im Alterspflegeheim Montchoisi, das wir auf den vorherigen Seiten vorgestellt haben. Sie beurteilt die ersten Ergebnisse als ermutigend. Von Anne-Marie Nicole Ermutigende erste Ergebnisse Will man ein Pilotprojekt zur agilen Organisation anstossen und plant erst noch, das Projekt auf alle Ebenen der gesamten Stiftung auszuweiten, ist eine angemessene Begleitung vonnöten. Die Fondation Saphir hat genau das im Sinn, und zu diesem Zweck ist sie eine Partnerschaft mit der Hochschule für Wirtschaft und Ingenieurwissenschaf­ ten des Kantons Waadt (HEIG-VD) eingegangen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, den Ansatz einer wissenschaftlichen Evaluation zu unterziehen: Die neuen Praktiken und ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität sollen analysiert werden, aber auch auf das Wohl und das subjektive Glücksempfinden der im Montchoisi Wohnenden und ihrer Angehörigen sowie die Zufriedenheit der Fachkräfte. Diverse Stolpersteine Die Einführung einer agilen Unterneh­ mensführung bricht mit vielen Ge­ wohnheiten und verändert die Arbeits­ bedingungen entscheidend. Céline Desmarais spricht ohne Zögern von einer Revolution. «Alters- und Pflege­ heime sind auch heute noch von einer starken Abgrenzung der Berufe unter­ einander und einer Industrialisierung der Leistungen geprägt, was schnelle und spontane Reaktionen auf die An­ liegen der Menschen erschwert.» Steht hingegen der Mensch im Zentrum, im­ pliziert dies Ansätze, die der gewohn­ ten Funktionsweise eines Alters- und Pflegeheims entgegenwirken und die Arbeitsmethoden von Grund auf än­ dern. Zudem sind mehr persönliches Engagement, Flexibilität, Verantwor­ tung und soziale Kompetenzen vonsei­ ten der eingesetzten Fachkräfte gefragt. Es sei deshalb wichtig gewesen, so früh wie möglich eine Begleitung der Veränderungen aufzugleisen, betont Luis Villa, Generaldirektor der Fonda­ tion Saphir. Da sowohl die Bewohne­ rinnen und Bewohner als auch die Mitarbeitenden von drei Einheiten der «Établissements hospitaliers du Nord vaudois» in ein einziges Pflegeheim in­ tegriert werden mussten, war dies umso wichtiger. «Wir wussten, dass es nicht einfach wird und dass verschiedene Kulturen aufeinanderprallen werden», sagt er. Für die Mitarbeitenden bedeu­ tete dieser Wechsel gleich verschiedene Veränderungen: Arbeitgeber, Gebäude, Team, Bewohnerinnen und Bewohner und Kultur. «Trotz aller Schwierigkei­ ten schien es uns die einzige Möglich­ keit, um das Konzept personenzent­ rierter Leistungen und einer agilen Organisation zu testen.» Sorgfältige Vorbereitung Ein Jahr vor der Eröffnung des Alters­ pflegeheims Montchoisi stellten die Fondation Saphir und das kleine Team der HEIG-VD verschiedene Instru­ mente und Hilfsmittel für die Beglei­ tung der Veränderungen bereit. Zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden fanden beispielsweise mehrere Kon­ zeptpräsentationen und Einzelgesprä­ che statt. Um mögliche Hindernisse vorwegzunehmen, wurden im Vorfeld der Eröffnung Workshops und Tages­ ausflüge organisiert. «Ein personenzen­ trierter Ansatz verleiht der Arbeit Sinn und Lebensqualität und ist mit Sicher­ heit ein Grundanliegen der Fachkräfte», analysiert Céline Desmarais. «Er setzt aber auch mehr Kompetenzen voraus, und durch die fehlende Routine muss

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQzMjY=