Partizipative Führung hat Zukunft | Magazin ARTISET | 6 2022
ARTISET 06 I 2022 23 Im Fokus Seit Einführung der Soziokratie im Haus Selun und Movero (siehe Seite 20) hat Institutionsleiterin Brigitta Buomberger* viel weniger Entscheidungsmacht als früher. Auch wenn sie dies zu Beginn etwas bedauert hat, hat sie der Gewinn für die ganze Organisation mehr als entschädigt. Interview: Elisabeth Seifert «Entscheide haben eine hohe Nachhaltigkeit» Frau Buomberger, seit fünf Jahren sind Sie im Haus Selun und Movero soziokratisch organisiert. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Ja, und zwar zu 100 Prozent. Die ge meinsam getroffenen Entscheide haben eine hohe Nachhaltigkeit. Wenn ein Ent scheid getroffen ist, dann wird dieser von den Mitarbeitenden mitgetragen und umgesetzt, auch wenn nicht immer alle damit voll zufrieden sind. Sie wissen aber, dass bei den Entscheiden immer auch Delegierte der Mitarbeitenden dabei wa ren. Die Kultur und der Umgang mitei nander ändern sich. Eine neue Mitarbei terin meinte kürzlich, sie erlebe es zum ersten Mal bei einem Arbeitsort, dass Mitarbeitende sich nicht über mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten beklagen. Die Mitarbeitenden sind durch die kollegiale Führungsstruktur also zufriedener geworden? Bei den innerhalb der OVWB regelmässig durchgeführten Personalumfragen ist die Zufriedenheit im Haus Selun und Mo vero am höchsten. Hoch bewertet wird dank der Mitbestimmung das Arbeitskli ma. Eine wichtige Rolle dafür spielt auch die im Rahmen der offenen Wahlen ge lebte Feedbackkultur. Die Mitarbeiten den nehmen sehr gerne gewisse Funktio nen innerhalb der Kreisstruktur wahr, weil sie das Vertrauen von ihren Kollegin nen und Kollegen auch im Alltag spüren. Dadurch wird auch die Personalentwick lung gefördert. Sehr gut bewertet wird weiter die Arbeitsorganisation, konkret die fortlaufende Überprüfung und Ver besserung des Arbeitsprozesses. Sehr gute Noten gibt es auch für die interne Kom munikation, die hohe Transparenz aller Entscheide. Die Einführung neuer Strukturen, auch einer neuen Kultur, stellt hohe Ansprüche. Das ist sicher nicht ganz einfach? Die Einführung der Soziokratie war tat sächlich nicht einfach. Die Mitarbeiten den hatten zwar Freude daran, bei grossen Fragen mitzuentscheiden. An spruchsvoll war aber, dass mit der Ent scheidung auch die entsprechende Verantwortung verbunden ist. Die Füh rungspersonen wiederum waren verun sichert, welches ihre Aufgaben als Füh rungspersonen künftig sind.
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