Partizipative Führung hat Zukunft | Magazin ARTISET | 6 2022
34 ARTISET 06 I 2022 Aktuell ein Pflegeheim ein. Die für die kantonale Ebene massgeben den Risikofaktoren habe das BAG indes nicht im Detail definiert, weil der Zweck einer Publikation über die medi zinischen Qualitätsindikatoren darin bestehe, Indikatoren auf der Ebene der einzelnen Einrichtungen zu präsentieren. Die Tabellen und Grafiken der ersten Ausgabe zu den Indikatorwerten der Kantone wollen vor allem illustrieren, wie eine Publikation auf der Ebene der Pflegeheime aus schauen kann, schreibt das BAG. Die Publikation soll ins besondere «betroffene Kreise auf die Notwendigkeit auf merksam machen, die Qualität der gelieferten Daten zu verbessern». Das BAG beabsichtigt ab dieser ersten Ausgabe 2022 die medizinischen Qualitätsindikatoren jährlich zu veröffentlichen. Und: Man werde «alles daransetzen, die Datenqualität so zu verbessern, dass eine Veröffentlichung der medizinischen Qualitätsindikatoren auf der Ebene Pfle geheime möglich» werde. Verbesserung der Daten braucht Zeit Die ungenügende Datenqualität bezieht sich im Wesentli chen auf zwei Problemfelder. Zum einen ist bei etlichen Indikator-Datensätzen die Zuordnung zu einem bestimm ten Heim nicht möglich. Für die eindeutige Zuordnung müssen die Heime die ihnen in der nationalen Statistik der sozialmedizinischen Einrichtungen (Somed-Statistik) zuge ordnete Betriebs- und Unternehmensnummer (Bur-Num mer) in das Dokument für die Übermittlung der Qualitäts indikator-Daten einsetzen. Das aber funktioniert respektive funktionierte nicht immer. Zum anderen sei, so das BAG, eine «hohe Anzahl fehlen der oder ungültiger Werte» zu beobachten, was ganz besonders die für einen fairen Qualitätsvergleich nötige Risikoanpassung verunmögliche. Im Unterschied zu den Risikofaktoren auf kantonaler Ebene sind jene auf der Ebe ne der Heime respektive auf der Ebene der Bewohnerinnen und Bewohner klar definiert worden. Zur Beurteilung der Werte aller sechs Qualitätsindikatoren sind die Pflegestufe und die kognitive Leistungsfähigkeit miteinzubeziehen. Bei einzelnen Qualitätsindikatoren kommen noch weitere Variablen dazu, etwas das Alter oder die psychische Ver fassung. Der Einbezug solcher Variablen stellt sicher, dass der belastende Einfluss, der nicht direkt mit der Pflege qualität in Verbindung steht, gleichsam neutralisiert wird. Für die Beurteilung der Datenqualität stützte sich das BAG wesentlich auf das Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel. Das Institut begleitete auf wissenschaft licher Seite von Beginn an das Projekt zur Einführung me dizinischer Qualitätsindikatoren in den Alters- und Pflege institutionen. Sämtliche bei der Datenerhebung involvierten Akteure hätten Zeit gebraucht, um sich auf die neuen Messungen einzustellen, sagt Franziska Zúñiga, Universi tätsdozierende am Institut für Pflegewissenschaft der Uni versität Basel: die Heime selbst, aber auch die Anbieter der Bedarfserfassungsinstrumente sowie der Pflegedokumenta tionssysteme. Es mussten neue Module für die Erhebung aller Variablen integriert werden, zumTeil waren auch recht liche Abklärungen nötig. «Ich hoffe, dass es mit den Daten erhebung 2021 jetzt geklappt hat», zeigt sich Zúñiga zuver sichtlich. In diesen Fall könnte der gesetzliche Auftrag mit der Publikation im Jahr 2023 erstmals umgesetzt werden. Kantone können sich mit sich selbst vergleichen «Aufgrund der fehlenden Risikoadjustierung können die Kantone nicht mit anderen Kantonen und auch nicht mit den Schweizer Durchschnittswert verglichen werden», un terstreicht die Pflegewissenschaftlerin. Da für jeden Kanton aber die Daten 2019 und die Daten 2020 ausgewiesen wer den, «können sich die Kantone mit sich selbst vergleichen». Sobald sich der Indikatorwert zum Beispiel um mehr als 5 Prozentpunkte verändere, lohne es sich für die Kantone, so Franziska Zúñiga, genauer hinzuschauen und gemeinsam mit den Heimen nach Erklärungen zu suchen. Dies könnte das Erkennen von guten Praktiken erlauben, auch wenn es sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen lässt, ob es sich bei diesen Änderungen um einen Trend oder um zufällige Schwankungen handelt. Vor allem beim Qualitätsindikator Polymedikation sind in einer Reihe von Kantonen doch recht deutliche Veränderungen erkennbar, und zwar in ei nem positiven Sinn. Der Kanton Waadt etwa hat sich um 8,2 Prozentpunkte verbessert. Lag 2019 der prozentuale Anteil der Bewohnenden, die 9 und mehr Wirkstoffe ein nahmen, noch bei 42,2 Prozent, sank deren Anteil 2020 auf 34 Prozent. Eine sehr ähnliche Veränderung gibt es im Kan ton Genf. In den beiden kleinen Deutschschweizer Kanto nen Uri und Glarus hat sich der Wert um je gut 5 Prozent punkte verbessert. Im Kanton Jura hingegen ist der Indikatorwert massiv gestiegen, von 31,5 auf 48 Prozent. Insbesondere die deutlichen Verbesserungen des Indikator werts lassen sich womöglich mit der Umsetzung entspre chender Programme erklären, meint Franziska Zúñiga. Die Unterschiede könnten aber auch auf eine Veränderung der Messungen zurückzuführen sein. So gebe es bei der zuver lässigen Zählung der Wirkstoffe derzeit noch einige Proble me. Neben der Polymedikation lassen sich nur noch beim Messthema Schmerz ähnlich deutliche Veränderungen fest stellen – und zwar auch hier vor allem positive. Ausser dem KantonWaadt, der sich um gut 5 Prozentpunkte verschlech tert, haben sich die Kantone Neuenburg, Glarus, Schwyz sowie Appenzell Ausserrhoden um bis zu 8 Prozentpunkte verbessert.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQzMjY=