Innovationen entwickeln und umsetzen

ARTISET 06 I 2023 27 Soziale Innovation, sozioprofessionelle Eingliederung und nachhaltige Entwicklung sind die drei Pfeiler des Sozialprojekts Tourbillon im Kanton Genf. Ziel des Projekts ist das Bündeln der Ressourcen von rund zehn sozialen Institutionen an einem Ort. Ein gutes Beispiel dafür ist die Wäscherei Tourbillon. Von Anne-Marie Nicole Nicht jedermann darf die Wäscherei Tourbillon betreten. Grund dafür ist die Bauweise, die bakterielle Kontaminationen vermeiden und eine einwandfreie Hygiene bei allen Arbeitsschritten der Wäscherei sicherstellen soll. Nach einer gründlichen Desinfektion der Hände und dem Überziehen einer weissen Schürze kann der Besuch beginnen. Analog zumWäschekreislauf startet er in der Schmutzzone, wo die schmutzige Wäsche sortiert und gereinigt wird. Danach folgt die Sauberzone, wo sie gewaschen, gebügelt und gefaltet wird. Getreu dem Barrierekonzept sind die beiden Bereiche klar voneinander getrennt, um jeglichen Kontakt zwischen der potenziell infektiösen schmutzigen Wäsche und der sauberen Wäsche zu verhindern. Grosse Waschmaschinen mit einer Kapazität von fünfzehn bis fünfzig Kilo trennen die beiden Bereiche. Auf der einen Seite werden die Maschinen mit der schmutzigenWäsche beladen, auf der anderen Seite wird die saubere Wäsche entnommen. Bleiben noch Flecken, heisst es: zurück auf Feld 1. Aber Achtung, nicht irgendwie, erklärt Jean-Philippe Beaufrère. Der Geschäftsführer ist gleichzeitig auch unser Guide an diesem Tag. «Die Wäsche geht innerhalb des Kreislaufs nie rückwärts. Die Vorwärtsstrategie muss immer eingehalten werden. Niemand darf sich zwischen den zwei Bereichen hin und her bewegen.» Die Wäscherei beschäftigt mehr als fünfzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehrheitlich sind es Menschen, die wegen einer Behinderung oder verschiedenen Beeinträchtigungen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind und hier einen angepassten oder geschützten Arbeitsplatz gefunden haben. Aber es arbeiten hier auch regulär angestellte Arbeitnehmende und Lernende. Täglich kommen rund vierzig Personen zur Arbeit in die Wäscherei. Das Unternehmen beschäftigt zudem vier Personen in der Administration, zwei Fahrer und zwei Auslieferungshelfer. Die Menschen mit Behinderung, die an einem angepassten Arbeitsplatz tätig sind, benötigen alle eine intensive sozioprofessionelle Begleitung. «Ihre Produktivität und ihr Verständnis sind sehr unterschiedlich», sagt Jean-Philippe Beaufrère. «Manche steigen innert weniger Monate von einem Posten zum anderen auf, andere verrichten fortwährend die ihnen von Anfang an anvertrauten Aufgaben.» Im Erdgeschoss ist auch eine Textilreinigung für Privatkunden untergebracht. Die Wäscherei befindet sich in einem neu errichteten Gebäude und erstreckt sich über 1500 Quadratmeter auf drei Stockwerken. Die grosszügig bemessenen Räume sind von Tageslicht durchflutet, das für eine angenehme Atmosphäre sorgt. Es ist erstaunlich ruhig, und es herrscht eine entspannte Stimmung. «Die meisten Menschen, die hier arbeiten, reagieren empfindlicher auf Lärm und enge Räume», sagt der Geschäftsführer. «Wir achten deshalb darauf, dass ihr Arbeitsumfeld gesund, angenehm und sicher ist.» Die eingesetzten Technologien erfüllen die Qualitätsansprüche der Tätigkeit und verringern gleichzeitig den ökologischen Fussabdruck. Sie ermöglichen unter anderem die Wiederaufbereitung von 80 Prozent des Spülwassers sowie die Rückgewinnung der Wärme aus den Wäschetrocknern, um den Wärmebedarf des Gebäudes zu decken. Ein neues soziales und solidarisches Zentrum Die Wäscherei Tourbillon und Renfile sind im August 2021 als Erste in das Gebäude eingezogen. Renfile vom Centre social protestant (CSP) gehört zu den grössten karitativen Brockenhäusern der Schweiz und befindet sich in den unteren Geschossen. Das Sozialprojekt wurde im Jahr 2017 unter der Führung der Fondation immobilière pour le développement des entreprises sociales (FIDES) initiiert und war ein Meilenstein. Inzwischen gehören rund zehn

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