Das Leben selbst bestimmen | Magazin ARTISET 6-2024

10 ARTISET 06 I 2024 Unterstützungsleistungen. Im heutigen rechtlichen Rahmen liegt die Zuständigkeit für Betreuungsleistungen sowohl im Alter als auch für Menschen mit Behinderung grundsätzlich bei den Kantonen und Gemeinden. Im Bereich der Finanzierung über die Systeme der sozialen Sicherheit hat der Bund aber bestimmte Einflussmöglichkeiten: Möglich ist eine Finanzierung von Betreuung über die Ergänzungsleistungen (EL) zu AHV und IV oder auch über die Hilflosenentschädigung (HE). Aktuell erfolgen die Leistungen des Bundes vor allem indirekt, nämlich über Finanzhilfen an nationale Organisationen im Alters- und im Behindertenbereich, die dann bestimmte Dienstleistungen erbringen. Neben der indirekten Hilfe bringt sich der Bund auch direkt ein – nämlich über die IV-Assistenzbeiträge, die namentlich Menschen mit körperlichen Behinderungen ein selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Entsprechend ihrer grundsätzlichen Zuständigkeit haben sich in den letzten Jahren viele Kantone auf den Weg gemacht, um Unterstützungsleistungen zu schaffen, die ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen. Neue gesetzliche Grundlagen sind dabei insbesondere zur Unterstützung ambulanter Angebote für Menschen mit Behinderungen geschaffen worden. Die beiden grossen Kantone Zürich und Bern haben Anfang Jahr die Subjektfinanzierung eingeführt, was es den begleiteten Menschen ermöglicht, die benötigten Unterstützungsleistungen selbstbestimmt einzukaufen und auch zu bestimmen, in welchem Wohnsetting sie diese beziehen wollen. Ähnliche Gesetze haben etwa auch die beiden Basel oder der Kanton Zug. Und viele weitere Kantone sind unterwegs dorthin. Das Commitment der Kantone erkenne man, so Thomas Schuler, auch daran, dass an den von Mitte Mai bis Mitte Juni erstmals national durchgeführten «Aktionstagen Behindertenrechte» alle Kantone mitmachen. Es braucht Klärungsarbeit auf Bundesebene Die Alterspolitik in den Kantonen indes ist – noch – stark auf die im stationären oder ambulanten Bereich erbrachten Pflegeleistungen ausgerichtet. Die Bereitstellung von darüber hinausgehenden Betreuungsangeboten, die den Verbleib in einer eigenen Wohnung ermöglichen würde, ist vielfach lückenhaft und muss von den betagten Menschen selbst bezahlt werden, unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen. Die beiden Vertreter der SODK betonen, dass in vielen Kantonen zwar mittlerweile umfassende Leitbilder und Altersstrategien entwickelt worden sind. Es fehlen aber noch die gesetzlichen Grundlagen und damit auch die Finanzierung entsprechender Betreuungsangebote. Für Remo Dörig und Thomas Schuler wäre es zudem sehr sinnvoll, wenn die Kantone die beiden Politikbereiche Alter und Behinderung im Geist der SODK-Vision künftig noch besser zusammendenken. Entscheidende Fortschritte in Richtung einer Umsetzung der in der SODK-Vision auf der Grundlage der UN-BRK formulierten Postulate erwarten Schuler und Dörig von der Gesetzgebungsarbeit auf Bundesebene. Dörig: «Der Bund ist in vielen Bereichen, gerade wenn es um die Finanzierungen von Betreuungsleistungen geht, ein wichtiger Taktgeber.» Das heisst: Die Regelungen auf Bundesebene haben Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Leistungen und Finanzierungen der anderen Staatsebenen. In den letzten Jahren ist einige Betriebsamkeit vonseiten des Parlaments zu beobachten, ganz besonders bei der Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats. Bis jetzt haben all die eingereichten – und überwiesenen – Vorstösse allerdings noch nicht zu neuen gesetzlichen Bestimmungen geführt. Parallel zur Sensibilisierung der Kantone formuliert die SODK ihre Positionen zu zentralen Vorstössen. EL, Hilfsmittel und Hilflosenentschädigung Der erste und entscheidende Vorstoss der Kommission, eine Motion betreffend Ergänzungsleistungen (EL) für betreutes Wohnen, wurde von den eidgenössischen Räten bereits 2019 an den Bundesrat überwiesen. Ermöglicht «Das Commitment der Kantone erkennt man auch daran, dass an den von Mitte Mai bis Mitte Juni erstmals national durchgeführten Aktionstagen Behindertenrechte alle Kantone mitmachen.» Thomas Schuler, Fachbereichsleiter Behindertenpolitik der SODK Im Fokus

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