Die psychische Gesundheit pflegen | Magazin ARTISET | 7-8 2022

ARTISET 07/08 I 2022  3 Editorial «Es ist eine wachsende Sensibilität der Arbeitgebenden für das Thema psychische Gesundheit zu beobachten.» Elisabeth Seifert, Chefredaktorin Liebe Leserin, lieber Leser Psychische Gesundheit ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist ein steter Balanceakt, das Gleichgewicht zu wahren zwi- schen Belastungen, die das Leben mit sich bringt, und den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, um damit um- zugehen. Anspruchsvoll ist der Balanceakt auch deshalb, weil er immer auf mehreren Ebenen gleichzeitig gelingen muss. In unserem privaten Bereich, am Arbeitsplatz und auf der gesellschaftlichen Ebene. Ist es oft schon schwierig, mit familiären oder gesund- heitlichen Problemen zurechtzukommen, können belasten- de Situationen am Arbeitsplatz und gesellschaftliche Ent- wicklungen die psychische Gesundheit zusätzlich gefährden. Am Arbeitsplatz haben die komplexer werdenden Aufgaben und der Zeitdruck Stress zur Folge. Und die Covidkrise sowie der Krieg in der Ukraine lösen Verunsicherung und Angst aus. Erfahrungen im eigenen Umfeld oder Meldun- gen über ausgelastete (Kinder- und Jugend-)Psychiatrien deuten auf eine Fragilisierung unserer Gesellschaft hin. Besonders gefordert ist die Arbeitswelt, weil hier neben den spezifischen Herausforderungen am Arbeitsplatz auch private und gesellschaftliche Belastungen Auswirkungen haben. Seit einigen Jahren ist denn auch eine steigende Sensibilität der Arbeitgeber für das Thema psychische Ge- sundheit festzustellen. Vor allem gefragt sind Arbeitgeben- de im Sozial- und Gesundheitsbereich, wo die Belastungen besonders gross sind. Unterstützung finden sie in einem stets wachsenden Wissen zur Wirksamkeit betrieblicher Gesundheitsförderung gerade auch beimThema psychische Gesundheit. Unser Autor Michael Kirschner fasst wesent- liche Erkenntnisse zusammen (Seite 13). Die Stiftung Ge- sundheitsförderung Schweiz hat ein spezialisiertes Befra- gungsinstrument entwickelt, mit dem Pflegeheime, aber auch soziale Institutionen feststellen, wie es ihren Mitarbei- tenden geht und welche Massnahmen sie bei Bedarf einlei- ten können (Seite 9). Erfahrungen mit dem Instrument gesammelt hat unter anderem das Bifang Wohn- und Pfle- gezentrum im aargauischenWohlen (Seite 6). Die Umfrage habe verdeutlicht, von welch grosser Bedeutung die Bezie- hungspflege und die Arbeitsorganisation sind, sagt Ge- schäftsleiter Marcel Lanz. Letztlich trägt aber auch jede erwachsene Person selbst Verantwortung für das eigene psychische Wohlbefinden, egal wo er oder sie im Leben stehen mag. Das Beispiel von Daniel Janisch, der seit zwölf Jahren mit einer Bipolaren Störung lebt, macht deutlich, wie es sogar trotz grösserer Belastungen gelingen kann, ein zufriedenes und gutes Leben zu führen (Seite 16). Ein besonderes Augenmerk legen wir schliesslich auf Kin- der und Jugendliche. Die Pandemie und auch die Nach- richten über den Ukrainekrieg belasten ihre psychische Gesundheit schwer. Ein schlechterer psychischer Zustand junger Menschen zeichne sich aber bereits seit zehn Jahren ab, sind sich Fachleute einig. Meine Kollegin Claudia Weiss geht den Gründe nach und skizziert den Handlungsbedarf (Seite 18). Unter enormen psychischen Belastungen leiden Kinder und Jugendliche auf der Flucht (Seite 21). Sie be- nötigen vor allem einen sicheren Ort und Stabilität - was der Psyche aller Menschen gut tut. Titelbild: Die Auszubildende Sara Strebel und die Bewohnerin Emma Hoppeler im Garten des Bifang Wohn- und Pflegezentrums in Wohlen AG. Foto: Marco Zanoni

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQzMjY=