Die psychische Gesundheit pflegen | Magazin ARTISET | 7-8 2022
34 ARTISET 07/08 I 2022 Ein Mensch, der an Demenz erkrankt ist, wird ständig auf der Suche nach Antworten sein und sich deswegen häufig in Bewegung befinden, wenn sein Körper dies zulässt. Die Pflegenden und Betreuenden der Genossenschaft für Alters betreuung und Pflege Gäu bemühen sich deshalb darum, den Bewohnerinnen und Bewohnern den nötigen Raum dafür zu geben. Es geht darum, ihre unsichtbaren Stürme zu erkennen und die Bewohnenden dabei zu unterstützen, ihre Stürme zu vermeiden oder zu minimieren. Und immer wieder geht es um die Frage: Wie schützen wir die Bewoh- nenden und lassen ihnen gleichzeitig möglichst viel Freiheit? Um Antworten zu finden, braucht es kompetentes Personal, eine gute Kommunikation im Team sowie mit den Ange hörigen – und eine möglichst vertraute Wohnumgebung. Die Genossenschaft für Altersbetreuung und Pflege Gäu (GAG) hat ein Betreuungskonzept entwickelt, dank dem der Alltag von Menschen mit Demenz so vertraut wie mög- lich gestaltet wird. Dies in der Überzeugung, dass sich Men- schen dann wohlfühlen, wenn ihr Leben im neuen Zuhause dem Alltag, den sie von früher gewohnt sind, so ähnlich wie möglich kommt. Ziel ist ein Höchstmass an Autonomie und Normalität für die Betroffenen. Ein Dorf mitten im Dorf Mit dem neuen Demenzzentrum, dem Lindenpark in Bals thal, baut die GAG das Angebot für Menschen mit Demenz aus. Das Zentrum der Anlage bilden zwei Mehrfamilien- häuser mit jeweils sechs Wohnungen, die alle ähnlich aus- gestattet sind, um so mittel- bis langfristig eine möglichst hohe Flexibilität sicherzustellen. Jede Wohngruppe wird wie ein regulärer Haushalt eingerichtet sein und auch entspre- chend funktionieren. Es werden sechs bis sieben Menschen in einer Wohngruppe wohnen. So bleibt noch Platz für ei- nenTagesgast, der immer in der gleichen Gruppe zu Besuch kommt. Zusätzlich gibt es direkt daneben ein Mehrzweckgebäude, das Platz bietet für ein Restaurant mit einer Gartenterrasse, einen Coiffeursalon, Fusspflege und Räumlichkeiten für die Alltagsgestaltung. Der ganze Lindenpark steht auf einem 10000 Quadratmeter grossen Grundstück mitten im Dorf- kern von Balsthal. Jeder Mensch, ob mit oder ohne Krank- heit, gehört dazu und soll möglichst integriert sein. Die Gartenanlage lädt zum Verweilen ein. Es gibt Hochbeete, einheimische Pflanzen, Nistkästen für Vögel, Hochstamm- bäume, Sitzgelegenheiten und viele Wege zum Spazieren. Wohnen in einer Wohngemeinschaft mit Gleichgesinnten funktioniert gut. Das Leben findet, wie im angestammten Zuhause, in der Wohnstube statt. Die Schlafzimmer sind funktionell eingerichtet: ein verstellbares Bett mit Nacht- tisch, ein Schrank und ein Stuhl. Ein Pflegeheim soll nicht aussehen wie ein Spital, sondern vielmehr eine vertraute, wohnliche Atmosphäre ausstrahlen. Deswegen tragen die Mitarbeitenden auch bewusst keine Berufs-, sondern All- tagskleidung, und auf den Namensschildern steht nur der Vor- und der Nachname, aber keine Funktion. Frühstück und Nachtessen werden in der Wohngruppe zubereitet, die Bewohnenden helfen mit, sofern sie dies Mitten im Siedlungsgebiet von Balsthal SO: Das demnächst bezugsbereite Demenzzentrum mit zwei Mehrfamilienhäusern (vorne) und einem Mehrzweckgebäude. Die Gartenanlage wird nach und nach realisiert. Foto: GAG
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