Die psychische Gesundheit pflegen | Magazin ARTISET | 7-8 2022

ARTISET 07/08 I 2022  41 Ende September kommt das Reformprojekt AHV 21 zur Abstimmung, bei der es auch um Anreize für die Erwerbstätigkeit nach 65 Jahren geht. Wir kommen nicht an einer längeren Lebensarbeitszeit vorbei, betont der Berner Volkswirtschaftsprofessor Aymo Brunetti in einem Beitrag der Bonny Stiftung und der NZZ (Seite 43). Wir haben nachgefragt. Interview: Elisabeth Seifert «Abschied nehmen vom fixen Rentenalter 65» Herr Brunetti, sehen Sie auf Seiten der Wirtschaft heute die Bereit- schaft, Mitarbeitende über 65 Jah- ren weiterzubeschäftigen? Heute ist eine solcheWeiterarbeit nach 65 Jahren institutionell nicht wirklich vor- gesehen und beruht auf Freiwilligkeit. Problematisch finde ich zum Beispiel, dass man im öffentlichen Sektor heute mit 65 Jahren in Pension geschickt wird. Das Potenzial der Mitarbeitenden über 65 wird damit nicht ausgeschöpft. Es sind vor allem auf die Zukunft gerichtete Un- ternehmen, die älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive für die Zeit nach 65 geben. Das wird sich aber in den nächsten zehn Jahren aufgrund der Verknappung der Arbeitskräfte ge- waltig ändern. Die starken Jahrgänge gehen in Rente, und weniger Junge kom- men nach. Ist die Wirtschaft vor dem Hinter- grund einer hochdynamischen Ent- wicklung nicht vor allem an jungen Mitarbeitenden interessiert? Die Schweiz hat in jeder Alterskategorie eine sehr hohe Erwerbsquote. Die Quote der 55- bis 64-Jährigen ist nur wenig tiefer als jene der 20- bis 30-Jährigen. Auch in der Altersgruppe der über 65-Jäh- rigen ist die Quote in der Schweiz im internationalen Vergleich relativ hoch. Der Dynamik der jüngeren Menschen steht die Erfahrung der älteren Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer gegen- über. Viele Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter bilden sich im Verlauf ihres Berufslebens weiter und bleiben so für den Arbeitsmarkt attraktiv. Weiterbil- dung hat in der Schweiz einen hohen Stellwert. Kaum jemand bleibt ein Leben lang im gleichen Job. Aktuell VIER REFORMPROJEKTE ZUR ALTERSVORSORGE 1. AHV 21: Wesentliche Punkte der Reform, die am 25. September vors Volk kommt, betreffen die schritt- weise Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65, Anreize für die Erwerbsarbeit ab 65 sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. 2. BVG-Reform: Die eidgenössischen Räte arbeiten an einer generatio- nengerechten Finanzierung und einer Modernisierung der beruf­ lichen Vorsorge. 3. Renteninitiative: Die Jungfreisinni- gen haben letztes Jahr eine Initiative eingereicht, die eine schrittweise Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung vorsieht. 4. Initiative für eine 13. AHV-Rente: Der Gewerkschaftsbund hat letztes Jahr eine Initiative eingereicht, die verlangt, dass alle Rentnerinnen und Rentner eine 13. AHV-Rente erhalten.

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